Ganz gleich, wie langsam Mo Ran auch sein mochte, ihren brennenden Blick konnte er nicht missverstehen. Hastig sagte er: „Fräulein Ling-er, Sie haben zu viel getrunken; lassen Sie uns morgen darüber reden..."
„Ich will jetzt reden!"
Dieses Mädchen war wild, wenn sie sich aufregte; ihre Haare
waren lose und ihre Augen leuchteten. Mo Ran beäugte sie misstrauisch. Er
wollte sich hier nicht aufhalten lassen und wollte gerade auf Qinggong
zurückgreifen, um schnell zu entkommen, als sie sich an seinem Ärmel festhielt.
Mo Ran war amüsiert und verärgert zugleich. „Lasst mich los."
„Nein." Man sagte, dass Schnaps Selbstvertrauen gibt.
Ling-er war von Anfang an mutig, und sie wollte sich schon seit einiger Zeit
mit diesem Xianjun vom Sisheng-Gipfel anfreunden. Ohne weiteres Vorgeplänkel
verkündete sie laut: „Ich mag dich. Magst du mich?"
Verblüfft hatte Mo Ran keine Antwort parat.
Ling-er wurde angesichts dieser ausbleibenden Reaktion
sofort unruhig. Als Mo Ran zum ersten Mal im Dorf Yuliang ankam, hatte sie ihn
für recht elegant und galant gehalten. Später hatte sie erfahren, dass er
derselbe "Mo-Zongshi" war, dessen Ruhm in den letzten Jahren immer
größer geworden war, und ihr jungfräuliches Herz verfiel unwiderruflich der
Verliebtheit. Die arbeitsreiche Erntesaison würde bald zu Ende gehen, und Mo
Ran würde abreisen. Ling-er war nur ein Mädchen aus dem unteren
Kultivierungsreich; alles, was sie zu bieten hatte, waren ihr hübsches Gesicht
und ihre gute Figur. Sie wusste nicht, was Mo Ran fühlte, aber sie wusste, dass
sie keine weitere Chance bekommen würde, wenn sie ihm jetzt nicht ihre Gefühle
gestehen würde. Und so hatte sie, gestärkt durch flüssigen Mut, Mo Ran
aufgesucht, um ihn mit ihrem Geständnis zu bedrängen.
Mo Ran war ehrlich gesagt ein wenig erschrocken über ihre
schamlose Unerschrockenheit.
Ling-ers charmantes Gesicht errötete, während sie mit
angehaltenem Atem wartete. Wie schön wäre es, wenn Mo Ran ja sagen würde. Sie
würde nicht nur einen gut aussehenden jungen Mann als Liebhaber gewinnen,
sondern mit Mo Ran zusammenzukommen würde auch bedeuten, dass sie in den Sisheng-Gipfel
eintreten könnte. Sie würde nicht mehr in diesem Provinzdorf festsitzen; sie
könnte bequem leben, sie könnte...
„Es tut mir leid, Fräulein Ling-er, aber Sie sollten mich
besser gehen lassen."
Seine unverblümte Antwort riss all die fantasievollen
Pavillons nieder, die sie sich in den Himmel gebaut hatte. Die Röte auf
Ling-ers verschwand und sie wurde blass, für einen Moment sah ihr Gesicht
schrecklich aus. Nach einer erstickten Pause fragte sie ängstlich: „Bin ich
nicht hübsch genug?"
„Ihr seid sehr hübsch." Mo Ran war unfehlbar höflich,
als er sich sanft aus ihrem Griff befreite. „Aber nicht mein Typ."
Der letzte Rest an Würde, den sie noch hatte, wurde durch
dieses ‘nicht mein Typ‘ völlig zerstört. Tränen stiegen in Ling-ers Augen auf,
doch der Kummer war zweitrangig. Sie mochte Mo Ran zwar, aber es war nur eine
Verliebtheit. In Wirklichkeit sehnte sie sich danach, sich über ihre
Verhältnisse zu erheben, und es war das Zerschmettern dieser schönen Träume,
das sie am stärksten spürte. „Dann..." Sie hielt ihre Tränen zurück und
fragte: „Was ist dein Typ?"
„Ich‒"
Ihre Frage ließ Mo Ran ratlos zurück. Was war sein Typ? Aus
reiner Gewohnheit hätte er fast geantwortet, dass sein Typ jemand wie Shi Mei
sei. Doch bevor die Worte seine Lippen verließen, hatte er plötzlich das
Gefühl, dass das nicht ganz richtig war. Er war überrumpelt und unfähig zu
antworten.
„Und? Was ist dein Typ?", drängte Ling-er. Ihre
schönen Augen waren unablässig auf Mo Rans Gesicht gerichtet und achteten auf
jede kleinste Veränderung seines Gesichtsausdrucks.
Ling-ers Situation war auch eine Traurige. Sie hatte eine
ältere Schwester, die einen einfachen Stoffhändler aus dem oberen
Kultivierungsreich geheiratet hatte und vor vielen Jahren nach war sie Leizhou
gezogen, um im Luxus zu leben. Ling-er und ihre Mutter waren einmal dahin
gereist, um ihre ältere Schwester zu besuchen, und hatten Bündel von
getrocknetem Pfefferfisch aus ihrem Dorf mitgebracht. Doch der Ehemann ihrer
Schwester mochte den stechenden Geruch von getrocknetem Fisch nicht und hielt
seine Schwiegerfamilie für unansehnliche Landeier. Es war ihm peinlich, sie in
seiner Nähe zu haben, und er hatte sie nach nur wenigen Tagen ihres Aufenthalts
wieder fortgejagt.
Dieses Erlebnis hatte sich tief in Ling-ers Herz
eingegraben. Seit diesem Tag war sie mit ihrem schäbigen Leben unzufrieden und
schwor sich, ein noch besseres Leben als das ihrer älteren Schwester zu führen
und die erlittene Demütigung in vollem Umfang wieder gutzumachen. Sie hatte die
letzten Jahre damit verbracht, nach einem strammen jungen Mann zu suchen, den
sie heiraten konnte, um ihr Schicksal zu ändern. Und sie wollte Mo Weiyu
wirklich nicht gehen lassen.
Ermutigt durch den Alkohol und rücksichtslos vor
Verzweiflung, lehnte sie sich unsicher an ihn. Ling-er besaß eine weiche und
sinnliche Figur; wenn sie im Sommer über die Reisfelder ging, warfen ihr die
Männer immer wieder Blicke zu. Jetzt ging sie aufs Ganze und setzte auf ihren
warmen Körper, um Mo-Zongshis Rüstung aufzubrechen. Sie drückte ihr
geschmeidiges Fleisch gegen das seine. „Bin ich nicht gut genug? Du hast es
nicht durchdacht. Du hast nicht einmal darüber nachgedacht, bevor du mich
einfach so zurückgewiesen hast."
Aber das war Mo Ran nur unglaublich unangenehm. Er
versuchte, sie von sich wegzuschieben, und sein Gesicht verfinsterte sich
zusehends. „Fräulein Ling-er, ich kenne Sie noch gar nicht so lange. Wie könnte
ich Sie da mögen? Warum sollte ich so von Ihnen denken?"
„Wie wollen Sie das wissen, wenn Sie es nicht versuchen?"
Sie näherte sich für einen weiteren Versuch. Mo Ran rief
sofort: „Bitte bleiben Sie zurück!"
„Du magst mich wirklich überhaupt nicht?" Ling-ers
Augen weiteten sich, und sie wiederholte ungläubig: „Nicht einmal ein
bisschen... Nur ein bisschen...?"
„Ich kann Euch nicht leiden. Nicht einmal ein bisschen."
Mo Ran dachte, dass er sich vielleicht nicht klar ausgedrückt hatte. Wenn es um
solche Dinge ging, war ein klarer Schnitt am besten. Also fügte er, obwohl es
grausam war, hinzu: „Ich bin nicht interessiert, nicht einmal ein bisschen."
Ling-er war sprachlos. Sie konnte verstehen, wenn sie nicht
sein Typ war. Aber kein Interesse... Wie viele unverheiratete Männer
könnten einer Frau gegenüberstehen, die ein so bezauberndes Gesicht und eine so
reizvolle Figur besaß, die sich ihm bereitwillig in die Arme warf, und dennoch
mit so aufrichtiger Überzeugung sagen, dass er nicht interessiert sei?
Wie konnte er sich von einer solchen Schönheit nicht verführen lassen und nicht
das geringste Verlangen verspüren? Fassungslos stand sie wie angewurzelt auf
der Stelle. „Wie ... Wie kannst du ... Wie kann es sein ..." Es fiel ihr
schwer, die Worte auszusprechen. Eigentlich wollte sie fragen: Wie kann es
sein, dass du überhaupt kein Verlangen empfindest? Das ist doch nicht normal.
Mo Ran wusste, was sie dachte, aber er hatte keine Lust,
sich zu rechtfertigen. Sie hatten sich zufällig getroffen; selbst wenn sie nur
ein kurzes Liebesabenteuer wollte, hatte er keine solchen Absichten. Sie konnte
denken, was sie wollte. „Entschuldigung", sagte er mit leiser Stimme. Dann
schlich er in die Nacht hinaus.
Der Wind wehte ihm ins Gesicht, und er konnte nicht anders,
als die Augen zu schließen. Das Gespräch mit Ling-er vorhin hatte ihm eine
plötzliche Erkenntnis gebracht: Wenn es um die Liebe ging, gab es etwas, in dem
er sich immer geirrt hatte.
Ling-er hatte ihn gefragt: ‘Was ist dein Typ?‘ Über diese
Frage hatte er noch nie gründlich nachgedacht. Jemand, der selten Wärme
empfing, hatte nicht das Privileg, sich etwas auszusuchen; wenn ihn jemand gut
behandelte, würde er ihm alles bieten.
Was ist dein Typ?
Das war etwas, das er sich unbewusst nie zu fragen gewagt
hatte. In dieser Welt hatte jeder seine eigenen Vorlieben und Neigungen. Als Mo
Ran ein Kind war, hatte er oft gesehen, wie andere Kinder auf der Straße an den
Ärmeln ihrer Eltern zerrten und sagten: „Ich mag die hier, die mit den
Frühlingszwiebeln" oder „Mama, diese rote Laterne ist schöner als die
gelbe, ich mag rot". Aber für ihn wäre es sinnlos gewesen, so etwas zu
sagen. Er konnte sich nur das billigste einfachste Shaobing leisten, das er in
zwei Hälften brach, um es mit seiner Mutter zu teilen.
Später, als er im Freudenhaus war, warf er heimlich einen
Blick auf die reichen jungen Meister, die vorbeikamen. Er beobachtete, wie sie
sich träge Luft zu fächelten und sagten: „Das Mädchen vom letzten Mal hat mir
gefallen, Cui-er. Sie ist zart, und ihre Stimme ist süß. Wir sollten sie auch
heute für uns singen lassen", und ähnliches Zeug. Ehrlich gesagt war Cui-er-Zizi
für Mo Ran nicht annähernd so hübsch wie Bairong-Zizi, aber wen kümmerte das
schon, was er dachte?
Niemand fragte ihn jemals: ‘Was magst du?‘ Ob es nun darum
ging, wer hübscher war oder eine andere Wahl zu treffen, war Sache der Reichen
und Mächtigen. Mo Ran konnte nur akzeptieren, was andere ihm gaben. Wenn es
etwas zu essen gab, sollte er dankbar sein. Wenn es Kleidung gab, die er tragen
konnte, sollte er vor Dankbarkeit weinen ‒ was war das für ein "mögen"?
Er wäre ein Wahnsinniger, wenn er das auch nur in Erwägung
ziehen würde. Wie konnte er eine Vorliebe haben? Wie konnte er es wagen,
eine Vorliebe zu haben? Welches Recht hatte er denn? Alles, was er hatte, war
dieses bescheidene, wertlose Leben, und selbst das konnte er nur mit Mühe festhalten.
Was auch immer er bekam, er würde es festhalten. Er hatte so lange so gelebt,
dass es mehr als nur Gewohnheit war; es war ihm in die Knochen gefahren. Ganz
gleich, welche Reichtümer und Schätze er anhäufte, ganz gleich, wie viele der
feinsten Parfüms er sich gönnte - so viele, dass er niesen musste ‒ er konnte
den Gestank der Armut, der aus seinem Innersten drang, nie überdecken.
Da er in Armut aufgewachsen war, waren seine eigenen
Gefühle und Vorlieben wie Dreck unter einer Schuhsohle, völlig wertlos. Die
Frage ‘Was magst du?‘ wurde ihm nie gestellt. Später sollte er an die Spitze
der Gesellschaft aufsteigen und Kaiser von allem werden. Aber einem Kaiser zu
dienen, war wie einem Tiger zu dienen: Die Menschen um ihn herum konnten seine
Gedanken und Launen nur erahnen. ‘Was magst du?‘ wurde zu einem Satz, den niemand
mehr zu fragen wagte.
Aber Ling-er hatte gefragt. Ein paar einfache Worte, und
doch hatten sie ihn verblüfft.
Einst hatte er geglaubt, jemanden zu lieben bedeute, ihn zu
respektieren und zu schätzen, ihn mit größter Sorgfalt in seinen Händen zu
halten und niemals zu wagen, auch nur den geringsten unangemessenen Gedanken an
ihn zu verschwenden. So hatte er Shi Mei behandelt. Er hatte gedacht, das sei
Liebe, und daran schien auch nichts auszusetzen zu sein. Aber in diesem Moment
begann Mo Ran sich zu fragen, ob es vielleicht doch nicht so war, wie er
gedacht hatte.
Zog er wirklich Sanftmut der Sturheit vor?
Mochte er wirklich den Gutmütigen mehr als den Strengen und
Unnachgiebigen?
Mochte er wirklich die zärtliche Zuneigung von
Pfirsichblütenaugen mehr als die scharfe und durchdringende Kälte von
Phönixaugen?
Mochte er... mochte er wirklich Shi Mingjing? Und nicht... nicht...
Er wagte es nicht, den Namen dieser Person auszusprechen.
Aber sein Herz begann trotz allem zu rasen, sein Blut pumpte heiß und unruhig
in seinen Adern. Mo Ran war schockiert von diesem Ausbruch von Liebe und
Verlangen.
Liebe und Sehnsucht: zwei Dinge, die niemals
auseinandergerissen, niemals getrennt werden sollten.
Vom Aussehen eines anderen angezogen zu werden, von der
Stimme eines anderen, dem Duft eines anderen, von dem flüchtigen Blicken eines
anderen betört zu werden; erobern zu wollen, besitzen zu wollen, seinen eigenen
Duft auf unberührtem Fleisch hinterlassen zu wollen, das noch keine Verbindung
zu ihm hatte; seine brennende Leidenschaft in den Körper des anderen treiben zu
wollen. Er hatte immer geglaubt, dass die Liebe heilig sei und dass das Objekt
seiner Liebe niemals beschmutzt werden dürfe. Aber wie konnte er ihn wirklich
nicht beschmutzen? Wie konnte er ungerührt bleiben, wenn die Gestalt
desjenigen, den er heiß liebte, bewunderte und begehrte, vor ihm erschien? Wie
konnte er das Feuer der Lust unterdrücken, das seinen Körper durchströmte?
Es gab viele Arten der Liebe auf dieser Welt, aber die
romantische Liebe war diejenige, die niemals rein und sauber sein konnte. Sie
war zwangsläufig mit heißem, klebrigem Schweiß befleckt und von der Farbe der
nackten Haut gefärbt; sie war mit wirren Haarsträhnen und dem bitteren Geruch
von Photinienblüten umflochten; sie war von
Stöhnen und Leidenschaft getrübt. Sie war eine zarte, glitzernde Blume, die nur
im schwülen, feuchten Schlamm eines warmen Bettes erblühen konnte.
Mo Ran floh eilig in die Nacht. Er kam abrupt zum Stehen,
seine Augen leuchteten verblüffend hell, sein Gesichtsausdruck war verblüfft.
Irgendetwas schien in seinem Gehirn zerbrochen zu sein. Die reißenden Ströme,
die er mit Selbstgefälligkeit und dummem Starrsinn unterdrückt hatte, zogen ihn
mit unerbittlicher Kraft in die Tiefe, ertränkten ihn, verschlangen ihn ganz.
Er stand wie angewurzelt vor Entsetzen.
Lust, Verlangen.
Liebe.
Chu Wanning...
Endlich hatte er diesen Namen ausgegraben. Er räumte Sand
und Schmutz beiseite, um einen kostbaren Schatz freizulegen. Es war schon immer
Chu Wanning gewesen... Dieses innige Gefühl, diese flammende Liebe, sie hatte
schon immer zu Chu Wanning gehört!
Seine Sicht wurde dunkel. Die Täuschung von zwei
Lebenszeiten war zerbrochen, und Bruchstücke von Ziegeln und Kacheln wurden von
einer gewaltigen Flut mitgerissen und krachten gegen die Wände seines Herzens, so
dass er kaum noch atmen konnte. Er war fassungslos. Konnte das die ganze Zeit
die Wahrheit gewesen sein? Hatte er sich die ganze Zeit über in dem Mann
geirrt, den er mochte, in seiner sogenannten Liebe?
Als Mo Ran zum Lagerfeuer zurückkehrte und den Krug mit dem
Birnenblüten-Weißwein umarmte, war Ling-er schon weg. Natürlich hatte niemand
das Verschwinden des jungen Mädchens bemerkt, also hatte auch niemand von ihrem
Gespräch mit Mo Ran vorhin erfahren. Die Menge trank immer noch fröhlich und
lebhaft wie immer.
Nach drei Runden begannen die Dorfbewohner, Spiele zu
spielen. Sie flochten einen Reiskranz mit einem Reishalm, während jemand
aufstand und die Trommeln schlug. Wenn das Trommeln aufhörte, wurde demjenigen,
der den Reiskranz hielt, eine Frage gestellt, die er beantworten musste. Auf
diese Weise vergnügten sich die Bauern des unteren Kultivierungsreichs, wenn
sie ein paar Momente des Müßiggangs hatten. Die Regeln waren einfach und leicht
zu verstehen. Selbst jemand wie Chu Wanning, der keinen einzigen frivolen Knochen
in seinem Körper hatte, konnte leicht mitmachen.
„In Ordnung, jetzt ist der alte Bai an der Reihe! Komm
schon, alter Bai, zieh dein Los!"
Der alte Bai nahm ein fest gefaltetes Blatt Papier aus der
riesigen Schüssel mit einem Blick des Elends. Er öffnete es und las laut vor: „Was
ist besser, eine Frau mit großen Titten oder einem fetten Hintern?"
Die Menge brach in Gelächter aus. Der alte Bai errötete vor
Wut, wedelte mit dem Zettel und brüllte: „Wer von euch Dumpfbacken hat diese
Frage geschrieben? Ich werde deine verdammten Vorfahren ficken!"
„Warte mal." Einer der Dorfbewohner lachte und zerrte
an seinem Hemd. „Geh noch nicht die verdammten Ahnen ficken. Beantworte zuerst
die Frage."
Die Frau des alten Bai saß neben ihm und starrte ihn mit
ihren Ochsenfroschaugen an, bis ihm die Haare zu Berge standen. Er zögerte,
dann sagte er schließlich mit leiser Stimme: „Ich denke, sie sind beide
ziemlich gut."
„Blödsinn, du verlogener Lügner!", brüllte jemand und
lachte. „Du hast mir erst neulich gesagt, du magst sie dick, mit gebärfähigen
Hüften! Was soll das, so zu lügen! Trink aus! Das ist die Strafe fürs Lügen,
also trink!"
Der alte Bai konnte nur eine Grimasse schneiden und
trinken. Kaum war er fertig, zerrte ihn seine Frau am Ohr weg und schimpfte ihn
die ganze Zeit aus.
Chu Wanning, der sich in der Menge versteckt hielt, fand
dieses Spiel gleichermaßen unbehaglich und faszinierend. Wenn man ihm diese
vulgären Fragen stellen würde, könnte er sie sicher nicht beantworten.
In diesem Moment hielt der Dorfvorsteher einen etwa ein
Meter langen schwarzen Stoffstreifen hoch und sagte grinsend: „Lasst uns den
Trommler austauschen; tauscht den alten Zhang aus, damit er auch mitspielen
kann. Wer will das übernehmen?"
Chu Wanning meldete sich sofort: „Ich werde es tun."
Er ging zu der Trommel aus dickem Kuhleder hinüber, nahm
die Trommelstöcke und ließ sich nieder. Der Dorfvorsteher bedeckte seine Augen
mit dem Stoffstreifen und richtete ihn sorgfältig aus. „Zu eng?"
„Nein."
„Könnt Ihr hindurchsehen?"
„Nein."
Der Dorfvorsteher lächelte. „Also gut, Xianjun, fangt an,
die Trommel zu schlagen. Hört auf, wann immer Ihr wollt."
„Okay." Chu Wanning hob die Trommelstöcke und schlug
ein paar Mal experimentell auf die Lederoberfläche. Schon bald schlug er flinke
Stakkato-Trommelschläge, rhythmisch und dynamisch.
Mit verbundenen Augen konnte er nicht wissen, dass Mo Ran
ihn mit einem Blick voller Aufruhr und Verwirrung über das Lagerfeuer hinweg
beobachtete. Funken flogen aus dem Feuer wie orangefarbene Glühwürmchen, die
sich in die schwarze Nacht zerstreuten. Er starrte den Mann an, dessen weiße
Robe den Boden berührte. Wie eine scharfe Klinge strich sein Blick über jeden
Zentimeter von Chu Wannings Gesicht, von seiner Stirn bis zur Nasenspitze,
seinen Lippen, seinem Kinn. Chu Wanning übte eine unbeschreibliche Anziehungskraft
auf Mo Ran aus, so wie er jetzt mit verbundenen Augen dastand. Diesmal ließ Mo
Ran nicht zu, dass ihm dieser Reiz entglitt; stattdessen kaute er ihn in seinem
Geist durch, saugte in Gedanken an ihm.
In ihm fand er den Geschmack der Liebe.
Er spürte noch einmal den Schock in seinem Herzen und
vergewisserte sich erneut... Er hatte sich nicht geirrt. Er empfand tatsächlich
Liebe für Chu Wanning. Es war nicht die Art von Liebe zwischen Meister und
Schüler, und schon gar nicht eine Liebe, die aus bloßer Dankbarkeit entstand.
Er war einfach in ihn verliebt, er begehrte und wollte ihn.
Er...
Schließlich wurde ihm klar, dass er Chu Wanning die ganze
Zeit über geliebt hatte. Es war Liebe. Er konnte nicht glauben, wie begriffsstutzig
er gewesen war, wie voreingenommen, wie töricht, wie blind. Er konnte nicht
glauben, dass er so lange gebraucht hatte, um zur Vernunft zu kommen.
Er war in Chu Wanning verliebt.
Der Erdhügel, der sich über dem Grab seines Geistes
aufgetürmt hatte, brach endlich auf. Eine Erinnerung nach der anderen, die nie
einen Sinn ergeben hatte, eine Frage nach der anderen, die unbeantwortet
geblieben war ‒ sie alle kamen im Kielwasser dieser spät erkannten Liebe an.
Aber er hatte keine Gelegenheit, sie auszukosten oder
darüber nachzudenken. Die Trommel hörte mit einem letzten Dong auf zu
schlagen, ihr Echo hallte in der Luft nach. Der Reiskranz landete genau in
diesem Moment auf Mo Rans Knien, und er hob ihn benommen auf. Er sah gerade
noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie Chu Wanning seufzte und die schwarze
Augenbinde mit einer Hand zur Seite zog. Diese Phönixaugen blinzelten, hell und
klar wie Mondlicht, und blickten hinüber, rein und arglos, neugierig wie alle
anderen, um zu erfahren, wo der Kranz gelandet war, als die Trommel aufhörte.
Seine Augen trafen die von Mo Ran.
Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus.
Kaum etwas war unangenehmer, als jemandem in die Augen zu sehen, den man
heimlich beobachtet hatte. Ihre Blicke trafen sich, beide ausweichend.
Aber das hielt nicht lange an. Chu Wanning bemerkte mit
Schrecken die komplizierte, verwirrte Zärtlichkeit auf Mo Rans schönem Gesicht.
Eine Zärtlichkeit, die so deutlich und brühend sichtbar war, die über die Menge
und die Funken des Lagerfeuers hinwegsprang, eine Zärtlichkeit, die sich nicht
im Geringsten verbergen ließ; der Versuch wäre vergeblich gewesen. Chu Wannings
Phönixaugen weiteten sich unmerklich.
„Sieht aus, als wärt Ihr der Glückliche, Mo-Xianjun."
Lachend zog der Dorfvorsteher Mo Ran auf die Beine.
Mo Ran zögerte, dann setzte er sich den geflochtenen Reisskranz
vorschriftsmäßig auf den Kopf. Seine dunklen Augen leuchteten, aber er fühlte
sich verloren. Von Reishalmen gekrönt, warf er noch einmal einen vorsichtigen
Blick auf Chu Wanning. Das schöne, braun gebrannte Gesicht begann im Schein des
Feuers allmählich zu erröten.
Chu Wanning war erschrocken über seine merkwürdige
Reaktion. Seine Augen weiteten sich, als er Mo Ran anstarrte, bis sie fast rund
wurden. Unter Chu Wannings starrem Blick senkte Mo Ran seinen Blick, die Lippen
schürzte er, schwieg und sah gehorsam und ein wenig verschämt aus. Er benahm
sich wie ein fauler Jugendlicher, der das Alter erreicht hatte, in dem er an
Liebe dachte und seine erste Jugendliebe erlebte: unbeholfen und plump,
erbärmlich und doch liebenswert.
Wenn Chu Wanning vorher erschrocken war, so war er jetzt
schockiert. War er blind geworden? Warum sonst benahm sich dieser bärenstarke,
heißblütige junge Mann wie ein errötendes Mädchen? War er etwa besessen?!
Erklärungen:
Photinienblüten (石楠花, Shinan-Blume), ist eine Blume, die nach
menschlichem Sperma riecht.
Das Stakkato ist eine musikalische Artikulationsform, bei der
aufeinanderfolgende Töne klar voneinander getrennt werden. Sie werden dabei
kürzer gespielt, als es ihr Notenwert eigentlich vorgibt und können dabei abgehackt
klingen.
⇐Vorheriges Kapitel Nächstes Kapitel⇒
Mit tut Ling-er leid. Sie hat sich in etwas verrannt und die Hoffnung war groß. Dazu ihr Wunsch auf ein besseres Leben und dann kommt da Mo Ran und hilft bei der Ernte, sieht mehr als gut aus und der Alkohol tat bei ihr dann noch das übrige. Es ist nie schön eine Abfuhr zu bekommen. Aber sie ließ nicht locker und so blieb Mo Ran auch nichts anderes übrig, als so zu reagieren. Für sie natürlich nicht schön, aber das Beste, denn so keimt hoffentlich nicht weiter Hoffnung in ihr, was Mo Ran angeht. Aber ihre Frage hat bei ihm einiges ausgelöst. Und man sieht wieder, wie erbärmlich und schwer seine Kindheit war und selbst als er alles erreicht hatte, traute sich keiner, eine solch einfache Frage zu stellen.
AntwortenLöschenAber jetzt kann man sagen, hat Amors Pfeil Mo Ran sowas von getroffen. Endlich sind ihm all die Gefühle bewusst geworden, was sie wirklich sind. Und Chu Wanning sieht sie zu deutlich.
Was das Spiel angeht, wird es wahrscheinlich noch interessant werden und es fällt zum Teil wirklich sehr schwer, eine Woche zu warten, wenn man wissen will, wie es weitergeht.
Vielen lieben Dank für das Kapitel^^
Mo Ran war einfach der gutaussehende große Mann, der höflich und großzügig ist und per Zufall vorbei kommt um, im Dorf auszuhelfen. Er ist der ideale Mann in solchen Liebesromanen und lässt jede romantische Frau das Herz höherschlagen. Ich kann sie verstehen. Wie gut nur, dass Mo Ran einen so entschiedenen Schnitt gemacht hat, um ihr eine Anfuhr zu erteilen.
LöschenAls Mo Ran seine Kindheit erwähnte, kamen mir wieder die Tränen. Armer kleiner Mo Ran er braucht endlich seinen Shizun, damit er ihn mit einer Umarmung trösten kann.
Endlich hat Mo Ran seine Gefühle erkannt, es kann jetzt nur noch bergauf gehen und der Moment der Offenbarung der Gefühle ist schon mal einen Schritt weiter gekommen.
Das nächste Kapitel wird wieder süß werden und das Warten wird sich gelohnt haben.
Vielen lieben Dank für dein fleißiges Kommentieren. Um ehrlich zu sein, ich konnte euch diese herrliche Story einfach nicht vorenthalten und musste sie übersetzen.
Ja, endlich hat Mo Ran sich selbst verstanden und erkannt, wen er wirklich liebt. Ich hätte ihm so gern schon etliche Kapitel vorher gegen den Hinterkopf geschlagen, das soll ja angeblich das Denkvermögen erhöhen und Mo Ran hätte es dringend notwendig gehabt
AntwortenLöschenDa gebe ich dir Recht, endlich ist es so weit. Mo Ran erkennt seine Gefühle für Chu Wanning und kann jetzt anders damit umgehen.
LöschenDas mit dem Hinterkopf wäre aber nicht nur bei Mo Ran, sondern auch bei Chu Wanning nötig gewesen. Vielleicht würden dann beide etwas mehr au den Trichter für ihre gegenseitigen Gefühle kommen.
Wow, habe seit langem endlich wieder die Zeit gehabt hier weiter zu lesen. Daher war ich aber in der Lage in einer tagelangen Aktion Kapitel 60 bis Kapitel 143 am Stück zu lesen. Was für ein Vergnügen!!! DANKE FÜR'S ÜBERSETZEN! Jetzt muss ich aber wie die anderen leider immer eine Woche warten. Zu schade.
AntwortenLöschenSchön, dass du wieder da bist und die Zeit zum Lesen hattest. 83 Kapitel auf einmal, dass so was Tage dauert, glaube ich, dir sofort immerhin wäre, dass bei SevenSeas ungefähr zwei bis drei Husky-Bände.
LöschenIch danke dir, dass du meine Fanübersetzung liest. Das Warten ist echt das nervigste, ich kenne hasse und liebe das Problem. Denn beim Warten hat man die Zeit, über einige Dinge in der Geschichte nachzudenken und Theorien zu entwickeln.