Kapitel 57 ~ Dieser Ehrwürdige hört dir zu, wie du noch einmal die Guqin spielst

Unerwarteterweise war Chu Wannings Teigtaschen-Einwickelungstechnik zwar ungeschickt, aber das fertige Produkt war nicht schlecht. Die von seinen langen Fingern zubereiteten Teigtaschen waren hinreißend rund, als sie ordentlich auf dem Tisch aufgereiht waren.

All diese Schüler waren sprachlos.

„Shizun weiß tatsächlich, wie man Teigtaschen macht…“

„Träume ich gerade?"

Natürlich entging ihr gedämpftes Gemurmel Chu Wannings Ohren nicht. Er presste die Lippen zusammen, die Wimpern flatterten unmerklich, und obwohl er so ausdruckslos wie immer war, färbten sich die Spitzen seiner Ohren etwas rosa.

Xue Meng konnte nicht widerstehen zu fragen: „Shizun, machst du zum ersten Mal Teigtaschen?“

„Mn."

„Wie machst du sie dann so schön aussehen?"

„Es ist nicht anders als bei der Herstellung von Robotern. Man faltet sie nur einige Male, es ist nichts dabei.“

Mo Ran beobachtete Chu Wanning von der anderen Seite des Holztisches aus und verlor sich allmählich in Gedanken. Das einzige Mal, dass er Chu Wanning in seinem letzten Leben jemals kochen gesehen hatte, war nach Shi Meis Tod gewesen.

An diesem Tag war Chu Wanning in die Küche gegangen und hatte langsam Wan Tans zubereitet, die Shi Meis Spezialität waren.

Bevor sie es in den Topf schaffen konnten, wurden sie von Mo Ran, der den Verstand verloren hatte, zu Boden geschlagen. Die verschneiten Wan Tans waren über den Boden gerollt.

Mo Ran hatte keinerlei Erinnerung daran, ob diese Wan Tans rund oder flach, gut gemacht oder deformiert gewesen waren. Das Einzige, woran er sich erinnerte, war der Ausdruck auf Chu Wannings Gesicht, wie er Mo Ran wortlos angestarrt hatte, noch mit Mehlkrümeln im Gesicht, seltsam ungewohnt und irgendwie verständnislos, ja sogar ein bisschen dumm…

Mo Ran hatte gedacht, dass sein Shizun wütend sein würde, aber am Ende sagte Chu Wanning nichts. Er beugte sich nur vor und hob mit gesenktem Kopf leise die schmutzigen Wan Tans eins nach dem anderen auf, sammelte sie ein und warf sie in den Müll.

Was war Chu Wanning damals nur durch den Kopf gegangen? Mo Ran wusste es nicht. Er hatte nie darüber nachgedacht, wollte nie darüber nachdenken und ehrlich gesagt hatte er es nicht gewagt, darüber nachzudenken.

Die Teigtaschen waren alle eingewickelt, und die kleinen Schneemänner trugen sie zum Kochen in die Küche. Traditionsgemäß steckte Chu Wanning in einen von ihnen eine Kupfermünze rein. Wer auch immer sie bekommen würde, würde viel Glück haben.

Es dauerte nicht lange, bis die Schneemänner die gekochten Teigtaschen, komplett mit scharf-saurer Dip-Soße auf einem Holztablett servierten.

„Shizun, bitte mach zuerst weiter“, sagte Xue Meng.

Chu Wanning lehnte nicht ab. Er hob einen Teigtaschen mit seinen Stäbchen auf und tat ihn in seine Schüssel. Er aß ihn jedoch nicht und hob stattdessen drei weitere auf, um sie Xue Meng, Mo Ran und Shi Mei zu geben. „Frohes neues Jahr“, sagte er sanft.

Die Schüler waren für einen Moment verblüfft, sie brachen in ein Lächeln aus. „Frohes neues Jahr, Shizun."

Wie es der Zufall wollte, biss Mo Ran bei der allerersten Teigtaschen mit einem Knall in die Kupfermünze. Er wurde völlig unvorbereitet erwischt und brach sich fast einen Zahn aus.

Shi Mei lachte über die Grimasse auf seinem Gesicht. „A-Ran, du wirst dieses Jahr viel Glück haben."

Xue Meng sagte nur: „Tch, glücklicher Bastard."

Mo Ran sagte mit Tränen in den Augen: „Thithun, du bi’t ein bi’chen zu gut darin, Teigtathen auszu’uchen. Ich hab’ die Münthe gleich beim er’ten Teigtathen bekomm’..."

Chu Wanning sagte: „Sprich richtig.“

„Ich habe mir auf die Thunge gebi’en."

Darauf hatte Chu Wanning absolut keine Antwort.

Mo Ran rieb sich die Wange und nahm einen Schluck von dem Tee, den Shi Mei ihm anbot, bevor der Schmerz schließlich ein wenig nachließ und er sofort anfing, herumzualbern. „Ha ha, könnte es sein, dass Shizun sich merken konnte, welcher Teigtaschen die Kupfermünze hatte, und ihn mir absichtlich gegeben hat?“

„Das hättest du wohl gerne“, sagte Chu Wanning kalt, dann senkte er den Kopf und begann zu essen.

Mo Ran war sich nicht sicher, ob er etwas sah, aber im warmen Licht der Kerzen wirkte Chu Wannings Gesicht ein wenig rot.

Nach den Teigtaschen wurde das üppige, vom Küchenchef zubereitete Abendessen herausgebracht. Teller mit Fleisch und Fisch bedeckten den ganzen Tisch. Die Mengpo-Halle wurde noch lebhafter. Von den Ehrenplätzen aus wiesen Xue Zhengyong und Frau Wang die kleinen Schneemänner an, rote Päckchen an jede Gruppe zu bringen.

Ein kleiner Schneemann stieß sofort gegen Chu Wannings Knie, die Steine, die seine Augen waren, rollten herum, als er ihn anstarrte.

Chu Wanning blinzelte. „Hm? Bekomme sogar ich eins?" Er nahm die roten Päckchen entgegen und öffnete sie, um mehrere Blätter mit teurem Blattgold zu finden. Ein wenig sprachlos blickte er zu Xue Zhengyong auf, nur um den sorglosen Mann zu sehen, der ihn angrinste, bevor er den Weinbecher in seinen Händen zu einem Toast auf Chu Wanning erhob.

Wie albern. Andererseits war Xue Zhengyong wirklich… wirklich… Chu Wanning starrte ihn eine Weile an, und gegen seinen Willen umspielte ein schwaches Lächeln seine Mundwinkel. Als Gegenleistung hob er seinen eigenen Becher zum Sektenanführer und leerte ihn mit einem Zug.

Chu Wanning verteilte die goldenen Blätter unter seinen Schülern. Drei Trinkrunden später, begleitet von pausenlosen Auftritten auf der Bühne, wurde schließlich auch die Stimmung an ihrem Tisch lebhafter. Das lag hauptsächlich daran, dass die drei Gören weniger Angst vor ihm hatten. Was Chu Wanning betraf, er so hatte er sich bei Alkohol schon immer zurückhalten können.

„Shizun, Shizun, lass mich aus deiner Hand lesen?" Xue Meng war der Erste, der beschwipst wurde. Er griff nach Chu Wannings Hand und hielt sie vor seinen Augen, um sie sorgfältig zu untersuchen. Ohne die drei Becher Wein in seinem Körper hätte er es nie gewagt, so dreist zu sein. „Deine Lebenslinie ist lang, aber nur unzusammenhängend, was bedeutet, dass deine Gesundheit nicht gut ist“, murmelte Xue Meng. „Du wirst leicht krank."

Mo Ran lachte. „Das ist ziemlich korrekt."

Chu Wanning warf ihm einen bösen Blick zu.

„Ein langer und schlanker Ringfinger. Shizun hatte viel Glück mit Geld. Drei Linien von einem gemeinsamen Punkt ‒ die Liebeslinie verzweigt sich auf ihrem Weg, um in die Weisheitslinie überzugehen, was typischerweise eine Bereitschaft anzeigt, sich für die Liebe zu opfern … " Xue Meng starrte sie eine Weile verständnislos an, bevor er seinen Kopf hochriss. „Ist das wahr?"

Mit aschfahlem Gesicht zischte Chu Wanning zwischen zusammengebissenen Zähnen: „Xue Ziming, hast du es satt, am Leben zu sein?“

Aber Xue Meng, zu betrunken, um die Lebensgefahr zu erkennen, grinste aufrichtig und schaute weiter. „Ah, und die Liebeslinie bildet eine Inselform“, murmelte er. „Noch dazu, direkt unter dem Ringfinger. Shizun, dein Liebesgeschmack ist fürchterlich… Absolut miserabel…“

Chu Wanning hatte genug. Er riss seine Hand weg und raffte seinen Ärmel auf, um zu gehen.

Mo Ran wollte gerade vor Lachen sterben, krümmte sich, hielt sich den Bauch und gackerte laut, als er plötzlich Chu Wannings eisigen, mörderischen Blick sah und schluckte seine Heiterkeit gewaltsam herunter. Seine Rippen schmerzten vor Anstrengung.

„Worüber lachst du?", sagte Chu Wanning wütend. „Was ist so lustig?"

Er wollte gerade in einem Anfall von Wut davonstürmen, als Xue Meng ihn am Ärmel packte. Im nächsten Moment verschwand das Lachen aus Mo Rans Gesicht, als Xue Meng Chu Wanning in betrunkener Benommenheit zu Boden zog und sich in seine Arme grub. Er drückte seine Stirn in die Falten von der Robe seines Shizuns und seine Arme schlangen sich um Chu Wannings Taille, während er sich liebevoll an ihn schmiegte.

„Shizun ...“, kam die weiche, samtige Stimme des Teenagers, mit einem Hauch von Niedlichkeit. „Geh nicht. Komm, komm, komm, mach noch eine Runde, heh heh."

Chu Wanning sah aus, als würde er gleich ersticken. „Xue Ziming! W-was denkst du, was du da tust? Lass los!“

Genau in diesem Moment klapperten plötzlich die kleinen Schneemänner von der Bühne. Es stellte sich heraus, dass die Schwerttanzaufführung vom Tianlang Ältesten vorbei war und Chu Wanning an der Reihe war, einen Auftritt aufzuführen.

Unglücklicherweise bedeutete dies auch, dass sich alle Augen in der Halle gemeinsam auf Chu Wannning richteten, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich ein betrunkener Xue Meng an die Taille des Yuheng Ältesten klammerte und sich wie ein verwöhntes Kind in seine Arme grub. Die Schüler waren absolut fassungslos. Einer von ihnen hielt sogar seine Essstäbchen verkehrt herum. Alle Augen starren unverwandt in ihre Ecke.

Chu Wanning war in völliger Stille gefangen.

Für einen Moment war die Szene glühend peinlich. Der Yuheng Ältester konnte weder stehen noch sitzen, da Xue Meng sich fest an ihn klammerte.

Eine lange Weile verging schweigend, bevor zwei trockene, gezwungene Kicherer aus Mo Rans Richtung kamen. „Komm schon, Xue Meng, bist du immer noch so verwöhnt in deinem Alter?" Er streckte die Hand aus und versuchte, ihn wegzuziehen. „Hau ab, klammer dich nicht so an Shizun."

Xue Meng benahm sich nicht absichtlich wie ein Flegel. Wenn er sich noch daran erinnern würde, wenn der Alkohol nachließ, würde er sich wahrscheinlich selbst ohrfeigen. Im Moment war er über allen Maßen betrunken, und Mo Ran musste eine ganze Weile hebeln und ziehen, bevor er es endlich schaffte, seinen Cousin von Chu Wanning loszureißen.

„Setz dich. Welche Zahl ist das?"

Mit zusammengezogenen Brauen blinzelte Xue Meng auf den einzelnen Finger, den Mo Ran ausstreckte. „Drei."

Mo Ran starrte ihn mit ungläubigem Schweigen an.

Shi Mei lachte und konnte nicht widerstehen, ihn zu testen. „Wer bin ich?"

Xue Meng rollte ungeduldig mit den Augen. „Du bist Shi Mei, duh."

„Wer bin dann ich?", fragte Mo Ran.

Xue Meng funkelte ihn eine Weile an. „Ein Hund."

Mo Ran war für einen langen Moment fassungslos, bevor er brüllte: „Xue Ziming, ich werde dich dazu bringen, diese Worte zu bereuen!“

Plötzlich zeigte ein Schüler des Sisheng-Gipfels vom Nebentisch ‒ der entweder von Natur aus mutig war oder dem auch die Hemmungen durch Alkohol genommen worden waren ‒ auf Chu Wanning und fragte schadenfroh mit hoher Stimme: „He junger Meister, schau da drüben. Wer ist das?"

Xue Meng, ein echtes Leichtgewicht, konnte sich eben nicht mehr aufsetzen. Er ließ sich über den Tisch fallen, stützte seine Wange mit einer Hand und blinzelte Chu Wanning lange und fest an.

Chu Wanning starrte zurück und starrte weiter. Und Xue Meng blinzelte weiter.

Der Stillstand hielt lange an, aber gerade als alle dachten, dass Xue Meng gleich betrunken umfallen würde, grinste er plötzlich breit und versuchte erneut, Chu Wanning an den Ärmeln zu packen. „Unsterblicher-Gege."

Die Worte waren klar und unmissverständlich. Jeder Einzelne der Schüler war nicht im Stande, einen Ton von sich zu geben.

„Pff.“

Es war nicht zu sagen, wer zuerst anfing zu lachen, aber alle verloren bald die Kontrolle und stimmten mit ein. Selbst wenn Chu Wannings Gesicht mürrisch und seine Zündschnur kurz war, dachten sie, wenn alle auf den Witz einsteigen würden, dann war es unwahrscheinlich, dass er Tianwen herausziehen und jede einzelne Person im Raum auspeitschen würde. Und so brüllte die lebhafte Mengpo-Halle vor Gelächter, alle stimmten bei Fleisch und Schnaps mit ein und trugen zum Chaos bei.

„Haha, Unsterblicher-Gege."

„Der Yuheng Ältester ist so hübsch, dass er wirklich, wie ein Unsterblicher aussieht."

„Das tut er wirklich. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe einmal heimlich eine Gedichtzeile über ihn geschrieben."

„Ja? Wie geht sie?"

„Der Schnee auf tausend unbetretenen Gipfeln der Sterblichen / Würde gegen einen Zentimeter Weiß auf den Roben des Unsterblichen verblassen."

„Wow, wann hast du dir das ausgedacht?"

„Ich werde nicht lügen, es war während einer seiner Vorlesungen über Barrieren."

„Das ist ein bisschen mutig, mein tapferer Kerl. Du solltest besser dafür sorgen, dass der Yuheng Ältester nie herausfindet, dass du ihn angestarrt hast und dich, während seiner Barrieren-Vorlesung ganz poetisch inspiriert, hast lassen, sonst wird der Unsterbliche einen Mord begehen, und deine Zeile muss lauten 'Die Blätter auf tausend Herbstbäumen / Würden gegen einen roten Fleck auf den Roben des Unsterblichen verblassen.'".

„So grausam!"

„Heh heh, sag es einfach so."

Auf Chu Wannings Gesicht wirbelte ein buntes Roulette herum, bevor er schließlich beschloss, Gelassenheit vorzutäuschen, und so tat, als hätte er überhaupt nichts gehört.

Er war es gewohnt, aus der Ferne verehrt zu werden, aber diese plötzliche Intimität, die aus der festlichen Atmosphäre und dem Überfluss an Wein entstand, ließ ihn unsicher werden, wie er darauf reagieren sollte. Angesichts einer solchen Situation wusste er wirklich nicht, wie er reagieren sollte, und konnte nur selbst eine Ruhe vortäuschen, die er nicht fühlte.

Doch der rosa satte Schimmer an seinen Ohren verriet den erstarrten Ausdruck auf seinem hübschen Gesicht.

Mo Ran bemerkte es. Er presste die Lippen zusammen und sagte nichts, aber aus irgendeinem Grund brandete eine Explosion irritierender Eifersucht durch seine Brust.

Es war nicht so, dass er Chu Wannings gutes Aussehen nicht anerkennen konnte, er wusste nur, dass er wie alle anderen genau wusste, dass Chu Wannings Schönheit von der scharfen Sorte war, wie die Schneide einer Klinge, und dass, wenn er nicht lächelte, er kalt wie Schnee und Reif war, zu abweisend, um sich ihm zu nähern.

Aus seiner düsteren und engen Perspektive war Chu Wanning wie ein Teller mit wohlschmeckendem und aromatisch knusprigem Fleisch, das in einer schmutzigen, zerbrochenen Schachtel gelegt worden war. Mo Ran war die einzige Person auf der ganzen Welt, die die Schachtel geöffnet hatte und in der Lage war, die Köstlichkeit darin zu schmecken. Er musste sich nie Sorgen machen, dass jemand anderes von dieser Delikatesse erfuhr und darüber sabberte.

Aber heute Nacht, eingetaucht in die Wärme des Ofenfeuers und beschwipst vom warmen Wein, waren so viele Augenpaare auf diese Schachtel gerichtet, die einst niemanden interessiert hatte.

Mo Ran war plötzlich nervös. Er wollte die Schachtel abdecken und die Leute verjagen, die über sein Essen sabberten, als würde er lästige Fliegen verscheuchen.

Dann erinnerte er sich daran, dass dieses knusprige Fleisch in diesem Leben nicht ihm gehörte. Seine Hände waren voller klarer, durchsichtiger Wan Tans. Er hatte keine Zeit, die Wölfe zu verjagen, die über eine weitere Mahlzeit sabberten.

Zur Überraschung von Mo Ran und seinen Gefährten hatte Chu Wanning genau wie die anderen Ältesten eine Neujahrsaufführung vorbereitet: Er würde Guqin spielen.

Die Schüler hatten strahlende Augen, und jemand flüsterte: „Wer hätte gedacht, dass der Yuheng Ältester weiß, wie man Guqin spielt?"

„Das kann er auch sehr gut. Ich habe fast vergessen, das Fleisch zu probieren."

Mo Ran saß still und wortlos da. Xue Meng war vor einer Weile eingeschlafen, seine Atemzüge tief und gleichmäßig, da er ausgestreckt auf dem Tisch lag. Mo Ran nahm den Weinkrug an die Hand und füllte seinen eigenen Becher, trank daraus, während er zuhörte, und die Person auf der Bühne gedankenverloren anstarrte.

Die Verärgerung in seiner Brust wurde schlimmer. In seinem letzten Leben hatte Chu Wanning beim Neujahrsabendfest nicht gespielt. Nur sehr wenige Menschen wussten, wie er aussah, wenn er Guqin spielt.

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In dem Hof, in dem Mo Ran Chu Wanning gefangen gehalten hatte, hatte eine Guqin aus Paulowonia-Holz gestanden. Eines Tages, vielleicht um seiner Frustration Luft zu machen, hatte Chu Wanning davorgesessen, die Augen geschlossen und ein Lied gespielt.

Der Klang der Guqin war durch die Luft geweht und hatte Vögel und Schmetterlinge gleichermaßen angezogen. Als Mo Ran zurückgekehrt war, hatte ihn Chu Wannings Profil im Hof begrüßt, unbeschreiblich erhaben und heiter.

Und wie behandelte er ihn in diesem Moment? Oh, richtig.

Mo Ran hatte ihn niedergedrückt und neben der Guqin gefickt, diesen Mann vergewaltigt, der so klar und kalt war wie das Licht des Mondes, genau dort im Hof. Mo Ran hatte sich nur darum gekümmert, seinem eigenen Vergnügen nachzujagen. Er hatte keinen einzigen Gedanken an Chu Wannings Schmerz und Unbehagen verschwendet. Er hatte sogar die Tatsache außer Acht gelassen, dass es Winter war und dass sein Shizun, der mit der Kälte nicht zurechtkam, und dort auf dem eiskalten Kopfsteinpflaster lag, die Roben heruntergerissen und gefickt wurde, bis er es nicht mehr aushielt und in Ohnmacht fiel.

Danach hatte er sich selbst nach Monaten sorgfältiger Behandlung nicht vollständig erholt.

Damals hatte Mo Ran in kühlem Ton gesagt: „Chu Wanning, von jetzt an ist es dir verboten, Guqin vor anderen zu spielen. Hast du eine Ahnung? Du siehst beim Spielen so aus…"

Er presste die Lippen zusammen, aber er hatte nicht die richtigen Worte finden können, also hatte er den Satz nicht beendet.

Er ist so was? Es war offensichtlich ein gelassener, würdevoller Blick, aber aus irgendeinem Grund war es so verlockend, dass das letzte bisschen von Mo Rans Selbstbeherrschung zerstört hatte.

Chu Wanning sagte nichts, seine Lippen waren bleich und die Augen geschlossen, die Augenbrauen streng zusammengezogen.

Mo Ran hob eine Hand und zögerte einen Moment, bevor er leicht die zusammengezogene Lücke zwischen Chu Wannings Brauen berührte. Taxian-Juns Geste waren fast sanft, aber seine Stimme war schroff und rücksichtslos. „Wenn du nicht zuhörst, wird dich dieser Ehrwürdige ans Bett ketten, und dann wirst du nichts anderes tun können, als mit ihm zu schlafen. Glaub ja nicht, dass dieser Ehrwürdige es nicht tun wird.“

Und wie hatte Chu Wanning darauf reagiert?

Mo Ran nahm einen weiteren Schluck, beobachtete die Person auf der Bühne und setzte seine melancholischen Erinnerungen fort.

Er konnte sich nicht sicher sein; vielleicht hatte Chu Wanning nichts gesagt. Oder vielleicht hatte er die Augen geöffnet und eisig gesagt: „Raus mit dir!"

Er konnte sich nicht mehr erinnern. Nicht eindeutig. In diesem Leben war Mo Ran so lange mit Chu Wanning verstrickt gewesen, dass viele Dinge an den Rändern verschwommen waren.

Schließlich hatte er, wie ein Tier, nur eines gewusst: dass Chu Wanning ihm gehörte. Auch wenn er Chu Wanning nicht mochte, war er auch derjenige, den er zerschlagen und ruinieren durfte. Er hätte Chu Wanning lieber mit seinen eigenen Händen in Stücke gerissen ‒ sich durch seinen Brustkorb gebissen und seine Organe herausgerissen wie ein Tier ‒ als es jemand anderem zu erlauben, ihn zu berühren.

Mo Ran wollte, dass Chu Wannings Blut mit seinem Verlangen fließt, seine Knochen seinen Fluch besiegen und sein Körper von seiner Leidenschaft erfüllt wird.

War Chu Wanning nicht immer so tugendhaft und unantastbar gewesen? Und hatte er am Ende nicht doch die Beine für den verruchtesten Schurken der Welt spreizen müssen, auf dem Bett des skrupellosesten Tyrannen, und sich von dessen feuriger Waffe das Leben nehmen lassen? Mo Ran hatte ihn verunreinigt, ihn von innen und außen schmutzig gemacht, einfach überall.

Kleidung, die einmal zerfetzt war, ließ sich nicht so leicht wieder anziehen.

Mo Ran schloss die Augen, seine Knöchel weiß, sein Herz hämmerte. Tief in seinen Erinnerungen versunken, konnte er weder die lebhafte Heiterkeit in seinen Erinnerungen an Neujahrsabendfeiern noch die beruhigenden Klänge von Chu Wannings Guqin hören. Alles, was ihm in den Sinn kam, war eine gefühllose Stimme, die wie ein Geier aus der Vergangenheit schwebte.

„Die Hölle ist zu kalt, Chu Wanning. Ich nehme dich mit ins Grab.”

„Das ist richtig, du bist ein Gott. Du bist das Licht ‒ aller. Xue Meng, Mei Hanxue und das ganze einfache Volk warten nur darauf, dass du sie anstrahlst. Chu-Gongzi, wie überaus heilig von dir."

Die Stimme lachte süß, lachte und lachte, bis sie plötzlich grausam wurde, wie eine in zwei Hälften gespaltene Seele. „Aber was ist mit mir?!", donnerte er. „Hast du mich jemals angestrahlt?! Hast du mir jemals deine Wärme gegeben? Alles, was du mir jemals gegeben hast, sind diese Narben auf meinem Körper! Wie überaus heilig von dir, Chu Wanning!“

„Dein Körper gehört mir, und auch dein Leben. Du willst ihr Licht sein, aber ich werde dich mit ins Grab nehmen. Ich werde dich auf meinem toten Körper strahlen lassen und sonst nichts. Ich will, dass du mit mir verrottest."

„Leben oder Sterben, beides ist nicht deine Entscheidung..."

Lauter Jubel und Applaus. Mo Rans Augen flogen auf. Sein Rücken war von kaltem Schweiß durchnässt.

Die Vorstellung war zu Ende, und die Schüler klatschten begeistert. Mo Ran saß in der Menge und spürte, wie seine Sicht pulsierte und verschwamm, ein- und ausblendete.Er beobachtete, wie Chu Wanning langsam die Holzstufen hinunterging, eine Guqin aus Paulowonia-Holz in der Hand.

In diesem Moment hatte Mo Ran zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, dass das alles so absurd war. Dass sein früheres Ich verrückt gewesen sein musste. Chu Wanning war eigentlich kein schlechter Kerl... Warum hatte er als das überhaupt getan?

Mo Ran schluckte und spürte das Brennen des Alkohols in seiner Kehle. Aber er fühlte sich nicht weniger, überwältigt und verwirrt, bis er schließlich eine betrunkene Vergessenheit geriet.



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2 Kommentare:

  1. er hat sie doch gemacht und sogar gut. aber das was xue da gemacht als betrunkener ist schon die höhe was er sich da traut und alle lachen sogar alle in der halle und mo. aber der wird dafür finster angeschaut. dann spielt er noch was vor und er errinnert sich was er damals getan hat als er in spielen hörte. freu mich wenns weiter geht.

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    1. Scheint so, als hätte Chu Wanning Erfahrung darin, oder?
      Ich fand die Stelle witzig in der Xue Meng sagt, dass Chu Wannings Geschmack in Sachen Liebe echt fürchterlich ist, und dann lacht Mo Ran auch noch darüber. Im Prinzip lacht sich Mo Ran in diesem Moment selber aus. XD
      Das Kapitel fand ich diesem Aspekt grausam, weil man da mal erfährt wie Taxian-Jun Chu Wanning damals behandelt hat, aber ich musste auch weinen, als Mo Ran ehrlich wurde und Chu Wanning direkt gesagt hat, was er mit seinem Verhalten bei ihm angerichtet hat. Er hat einfach von Chu Wanning nur das Gefühl von Ablehnung erfahren und irgendwie das Gefühl vermittelt bekommen, dass alles wichtiger ist als er. Traurig, oder?
      Bei diesem Kapitel hatte ich extrem viel Spaß Mo Rans nuscheln und falsche Aussprache zu schreiben und mir selber zu überlegen, was ich wie umschreiben muss.

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