Die dünne Grenze, die die Welt des Yin von der des Yang trennte, war bei Weitem nicht mehr die feste Barriere, die sie in alten Zeiten gewesen war.
Gelegentliche Risse und Lücken waren heutzutage so
alltäglich, dass sie in der Kultivierungswelt kaum Alarm auslösten.
Aber jetzt hatte ein blutiges Auge den Himmel zerrissen und
den Himmel und die Erde in einen unnatürlichen, unheimlichen Farbton getaucht,
während Trümmer durch die Luft peitschten.
Eine Katastrophe, die nur einmal in einer Generation
vorkommt: der Himmlische Riss.
Keiner der Anwesenden, mit Ausnahme von Mo Ran, hatte
jemals eine solch gewaltige Katastrophe persönlich miterlebt. Ob der
weißhaarige Li Wuxin, der kampferprobte Xue Zhengyong, die Rufeng-Sekte aus dem
oberen Kultivierungsreich oder der Sisheng-Gipfel aus dem unteren
Kultivierungsreich, jeder der etwa tausend Menschen, die sich vor der
Schmetterlingsstadt versammelt hatten, war fassungslos und wusste nicht, was sie
tun sollten.
Mo Ran hatte das Gefühl, vom Blitz getroffen worden zu
sein. Der dicke Gestank von Blut aus seinem vergangenen Leben überkam ihn, das
rücksichtslose Massaker, das endlose Blutvergießen ‒ das war es! Genau dieser Himmlische
Riss!
In seinem früheren Leben war Shi Mei genau hier gestorben.
Er und Chu Wanning hatten zusammen gearbeitet, um die Barriere zu reparieren.
Aber seine begrenzte spirituelle Energie hatte ihn verwundbar gemacht, und er
wurde von den Massen von Geistern und Dämonen, die aus dem Riss strömten,
angegriffen und stürzte aus einer solchen Höhe...
Aber das sollte noch nicht passieren, nicht in den nächsten
drei Jahren!
___________________
Mo Ran erinnerte sich noch ganz genau an diese verschneite
Nacht. Es war kurz nach Silvester gewesen. Rote Fetzen von verbrauchten
Feuerwerkskörpern hatten den verschneiten Boden übersät, und der schwache
Geruch von Rauch lag in der Luft. Er hatte in der Nacht zuvor mit allen anderen
in das neue Jahr hineingefeiert und sich den für diesen Anlass reservierten Tusu-Wein gegönnt.
Mo Ran schaute auf, leicht beschwipst. Im warmen Schein des
Kerzenlichts waren Shi Meis Augen wie das Wasser des Frühlings, zart und
liebevoll aus jedem Blickwinkel.
Der Sisheng-Gipfel war erfüllt von Lachen und Fröhlichkeit.
Damals hatte er gedacht, dass dies wunderbar sei. Selbst wenn er seine Gefühle
für die Person, die er mochte, nie ausleben würde, wäre er damit zufrieden, ein
Leben lang an ihrer Seite zu bleiben und sie aus der Ferne zu beobachten,
einfach so.
Die Feierlichkeiten gingen zu Ende, und die Schüler kehrten
in ihre Quartiere zurück. Er und Shi Mei verließen gemeinsam die Mengpo-Halle,
ihr Weg wurde vom Mondlicht erhellt, das sich auf dem verschneiten Boden
spiegelte. Shi Mei sah ein wenig fröstelnd aus, also zog Mo Ran seine äußere
Robe aus und warf sie ihm wortlos über die Schultern. Ermutigt durch den
Alkohol, der durch sein Blut floss, warf er ihm ein paar mehr Blicke zu als
sonst.
Eine Schönheit wie frisch gefallener Schnee, rein und
unantastbar.
„A-Ran."
„Hm?"
„Du hast heute ein bisschen zu viel getrunken."
„Habe ich das? Ha ha..." Der Rest von Mo Rans Lachen
erstarb in seiner Kehle. Shi Mei hatte sein Gesicht mit seinen kalten Händen
umschlossen, was seine ohnehin schon warmen Formwangen noch heißer werden ließ.
Mo Rans Augen weiteten sich, und ein Zittern lief durch seinen Körper.
„Mhm", sagte Shi Mei mit einem Lächeln. „Sieh dich an,
drei Becher und dein Gesicht ist ganz rot."
„Mir ist nur irgendwie heiß." Mo Ran kratzte sich
albern am Kopf, sein Gesicht glühte.
Damals war er so leicht zufriedenzustellen gewesen. Es
genügte ihm, jemanden zu mögen. Er brauchte seine Gefühle nicht zu erwidern, er
wagte es nicht, von mehr zu träumen. Diese Person hatte nur sein Gesicht
berührt, und doch hatte er das Gefühl, vom Himmel gesegnet worden zu sein. Er
starrte wie betäubt, die Worte verließen ihn, seine tiefschwarzen Augen
glitzerten vor Staunen und Dankbarkeit.
Die beiden verabschiedeten sich vor den Schülerquartieren
voneinander. Bevor sie gingen, drehte sich Shi Mei zu ihm um und lächelte ihn
an, eingehüllt in Mo Rans Robe und beleuchtet vom bezaubernden Schein des
Mondlichts auf dem Schnee. „A-Ran."
Mo Ran hatte sich bereits umgedreht, um zu gehen, doch beim
Klang seines Namens fuhr er wie ein Kreisel herum, aus Angst, etwas zu
verpassen. „J-ja!"
„Danke, dass du mir deine Robe geliehen hast."
„Nicht der Rede wert! Mir war sowieso heiß!"
„Und", Shi Meis Blick wurde noch weicher, so warm,
dass es schien, als könnte er den langen Winter verjagen. „A-Ran, eigentlich
habe ich..."
In der Ferne explodierte ein Feuerwerk.
Mo Ran hat nicht verstanden, was er gesagt hat. Oder
vielleicht hat Shi Mei tatsächlich nichts mehr gesagt. Als es wieder still
wurde, stieß Shi Mei bereits die Tür zu seinem Zimmer auf.
„Warte!", rief Mo Ran in Panik. „Was hast du vorhin
gesagt?"
Shi Mei war untypisch verspielt und blinzelte mit den
Augen, als er scherzhaft sagte: „Gute Dinge kann man nur einmal sagen."
„Shi Mei..."
Aber diese verführerische Person ließ nicht locker. Nur die
untere Hälfte seines eleganten Gesichts war unter dem kälteabweisenden Vorhang
zu sehen, mit einem sanften Lächeln, an das sich Mo Ran für den Rest seines
Lebens erinnern würde. „Es ist spät", sagte er. „Ich gehe ins Bett. Wenn
ich es dir morgen früh immer noch sagen will..." Shi Mei hielt inne, seine
weichen Wimpern hingen wie gefiederte Mimosen-Blätter. „Dann werde ich es dir sagen."
Wer hätte gedacht, dass der Morgen den Himmlischen Riss mit
sich bringen würde? Am Ende bekam Mo Ran den Rest nie zu hören, und der
zarteste Traum seines Lebens war blutig scharlachrot gefärbt.
Wie oft hatte er von dem Lächeln auf Shi Meis Gesicht
hinter dem halb hochgezogenen Vorhang geträumt, von seiner Schönheit und
Sanftheit? Vielleicht hatte er es sich nur eingebildet, aber er hatte gespürt,
dass dieses Lächeln grenzenlose Gefühle in sich trug.
Immer wieder träumte er im Laufe seines schmerzhaften
Lebens den Rest dieses Traums. In seinem Traum sagte Shi Mei, dass er ihn
mochte. Mo Ran wachte grinsend auf, glücklich, so glücklich, dass er für einen
Moment vergaß, dass Shi Mei tot war, dass es kein Zurück mehr gab.
Immer noch glücklich grinsend, dachte er über den Rest
ihres gemeinsamen Lebens nach, überlegte, welche köstlichen Speisen er für
seinen Geliebten zubereiten würde - solche wichtigen Dinge waren es schließlich
wert, sich darüber Gedanken zu machen. Doch dann, während er grinste und
grinste, begannen die Tränen zu kullern. Er würde sein Gesicht in seinen Händen
vergraben. Die Worte, die an jenem verschneiten Neujahrsabend in den Wind
geweht worden waren, würde er niemals hören.
__________________________
Durch Tausende von Kilometern schwerer Wolken klafften die Unendlichen
Höllen auf. Unzählige böse Geister und dämonische Monster strömten aus dem Riss
wie eine Legion, die eine Stadt belagern wollte. Die Schreie der Menschen
ringsum rissen Mo Ran aus seinen Erinnerungen. Beinahe wahnsinnig drängte er
sich durch die chaotische, wogende Menge, schrie verzweifelt, außer sich vor
Panik, und suchte.
„Shi Mei! Shi Mei! Shi Mingjing! Wo bist du? Wo bist du?!"
Ich weiß nicht, warum der Himmlische Riss drei
Jahre zu früh kommt. Ich weiß nicht, ob ich dich mit der Kraft, die ich jetzt
habe, beschützen kann. Ich kann es nicht ertragen, dich wieder verletzt zu
sehen, ich kann es nicht ertragen, dich wieder sterben zu sehen...
Bitte lebe...
Es ist meine Schuld. Ich hätte stärker werden
sollen, damit ich dich sofort beschützen kann ‒ ich war dumm. Ich habe die
Dinge nicht durchdacht, habe nicht bedacht, dass das passieren könnte. Wo bist du...
„A-Ran..." Zwischen dem Klirren der Waffen hörte er
eine leise Stimme.
„Shi Mei!"
Da stand er neben Xue Meng und schirmte die beiden mit
einem Schutzschild aus fließendem Wasser gegen den Ansturm der bösen Geister
ab. Mo Ran stürmte auf ihn zu, ohne auf alles andere zu achten, seine Kehle war
zugeschnürt und seine Augen brannten.
„Du verdammter Köter! Komm endlich her und hilf mir!"
Xue Meng kämpfte mit der Kraft von zehn Männern, aber die Wellen der Leichen
waren eine unaufhörliche Flut. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, als er
mit zusammengebissenen Zähnen sagte: „Beeil dich!"
Er brauchte nichts mehr zu sagen. Mo Ran sprang mit einem
roten Blitz in die Luft, als Jiangui seiner Aufforderung nachkam. Er schwang
die Weidenranke, und die heilige Waffe vernichtete eine ganze Reihe der
bösartigen Geister mit einem einzigen Hieb und verwandelte sie in einem
Augenblick in Staub. Mo Ran drehte den Kopf und rief in Shi Meis Richtung: „Bleib
in meiner Nähe, komm hinter mich!"
„Ich will Shizun helfen..."
„Beweg dich nicht!“ Die
Worte trafen Mo Rans Herz mit unverfälschter Angst. Unter keinen Umständen
würde er Shi Mei in diesem Kampf in die Nähe von Chu Wanning lassen. Diesmal
nicht. Erinnerungen an sein früheres Leben überlagerten die Szene, die sich ihm
bot. Damals hatte er das Gleiche gesagt:
„Ich will Shizun helfen."
„In Ordnung, geh schnell. Da drüben bei Shizun bist du
sicherer. Bleib in seiner Nähe und lass dich von ihm beschützen."
Lass dich von ihm beschützen. Das
ist doch absurd. Chu Wanning, Chu Wanning... Mo Ran hatte für jede Möglichkeit
geplant und gerechnet, aber er hatte vergessen, dass diese Person Chu
Wanning war! Kaltblütig und herzlos. Den Kopf voll von ‘dem einfachen Volk‘,
aber kein bisschen Fürsorge für seinen eigenen sterbenden Schüler.
„Geh nicht zu ihm hin! Er kann auf sich selbst aufpassen!"
Mo Rans Kopf fühlte sich taub an von der sich überlagernden Vision zweier
Leben. Mit blutunterlaufenen Augen brüllte er Shi Mei an: „Beweg dich nicht!
Bleib genau hier!"
„Aber Shizun hat gerade so viel von seiner Energie verbraucht..."
„Er wird es überleben! Kümmere dich um dich selbst!"
Mo Ran blickte finster drein und richtete einen weiteren mächtigen Hieb auf die
wogenden Wellen von Untoten, so dass Fleisch und Blut durch die Luft flogen und
Klumpen von Hirnmasse auf den Boden spritzten.
Sein derzeitiges Niveau der spirituellen Energie war weit
entfernt von den Höhen, die er in seinem früheren Leben erreicht hatte, aber
die Bewegungen fielen ihm wie eine zweite Natur ein. Schließlich hatte sein
Körper zahllose Kämpfe gesehen und die Klingen mit Leuten wie Ye Wangxi und Chu
Wanning gekreuzt. Er kämpfte furchtlos und unerschrocken im Angesicht der
wilden Untoten, die es zu Millionen gab.
Der Himmlische Riss wuchs.
Die bösen Geister, die seit Jahrhunderten in den Unendlichen
Höllen gefangen waren, strömten in einer gewaltigen Flut in das Reich der
Sterblichen. Sie vermischten sich mit den wandelnden Leichen aus der
Schmetterlingsstadt, die die Kraft nutzten, die ihnen der plötzliche Zustrom
von Yin-Energie verlieh, um sich von Chu Wannings Weidenranken zu befreien.
Die Situation wurde immer beängstigender, geriet immer mehr
außer Kontrolle, so hektisch wie ein Topf mit kochendem Öl, der mit Wasser
übergossen wird. Die Geister und Dämonen schnappten sich lebende Menschen und
fielen über sie her wie ein Heuschreckenschwarm über ein Feld mit Feldfrüchten.
Dämonische Begegnungen waren für die Menschen des Sisheng-Gipfels Routine. Sie
konnten sich behaupten. Aber von der Rufeng-Sekte und des Bitan-Guts konnte man
das nicht behaupten. Einer nach dem anderen schrie auf und ihr Blut spritzte in
die Luft.
Chu Wanning war zu weit weg, als dass Mo Ran hätte sehen
können, wie es ihm erging, aber er sah Ye Wangxi und Nangong Si inmitten der
Menschenmenge. Obwohl die beiden verfeindet waren, waren sich ihre Kampfstile
verblüffend ähnlich. Er sah, wie Ye Wangxi sein Schwert beiseite warf, um in
einem blauen Lichtblitz einen Langbogen zu spannen, während Nangong Sis Bogen
in seiner Hand wie eine Mondsichel aussah. Die beiden tauschten einen Blick
aus, bevor sie aneinander vorbeischossen, um jeweils eine Seite zu decken, auf
die dichtesten Massen untoter Leichen zu zielen und ihre Bögen in vollem Umfang
zu spannen. Praktisch im selben Augenblick ließen sie ihre Pfeile fliegen,
wobei das Weiß der Befiederung der Pfeile mit einem Geräusch, das an das
Kreischen von Vögeln erinnerte, durch den Himmel schoss. Die Pfeile waren von
spiritueller Energie durchdrungen, umhüllt von Klingen aus schneidendem Wind, die
die Luft durchschnitten und jeden bösen Geist auf ihrem Weg zerrissen.
Zufrieden mit sich selbst griff Nangong Si nach einem
weiteren Pfeil, doch der Köcher auf seinem Rücken war leer. „Ich bin raus?"
„Hier." Bevor sein Temperament auflodern konnte, hatte
Ye Wangxi ihm bereits ein weiteres Bündel Pfeile zugeworfen. „Du hast nie genug
dabei."
„Hmpf!" Nangong Si spottete,
aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um des Anscheins willen stur zu
sein. Er nahm die Pfeile an, und die beiden kehrten zu ihren jeweiligen Kämpfen
zurück.
Eine Stunde verging wie ein Wimpernschlag. Obwohl die
Kultivierer Horden brutaler böser Geister zurückschlugen, strömten noch mehr
aus dem Geisterreich herbei, um sie zu ersetzen. Li Wuxin schlug ein Dutzend
Geister mit einem Hieb nieder, dann drehte er sich um und schrie Xue Zhengyong
an: „Wir können so nicht weitermachen, wir müssen die Barriere reparieren!"
Xue Zhengyong blickte zu den vier goldenen Feldern, die in
der Ferne leuchteten und in jeder der vier Himmelsrichtungen der Stadt
positioniert waren. Er atmete tief durch und schimpfte: „Ihr habt leicht reden ‒
wisst Ihr, wie man diese Barriere repariert? Habt Ihr überhaupt jemanden, der
sich mit Barrieren auskennt?"
„Ich..." Li Wuxins Gesicht war mürrisch. „Barrieren
gehören nicht zu den Spezialitäten meiner Sekte."
„Dann haltet die Klappe! Was glaubt Ihr, wie viele Yuhengs
es gibt? Chu Wanning hält gerade die vier kritischen Punkte, und wenn er
nachlässt, werden diese verdammten Geister die Blockade stürmen und jeder in Sichuan
wird ein Toter sein! Wenn wir Kultivierer uns kaum halten können, wie soll dann
das einfache Volk überleben?"
„Besser, Sichuan ist erledigt als die ganze
Kultivierungswelt! Wenn Ihr nicht sofort jemanden findet, der den Himmlischen Riss
repariert, werden wir es nicht mehr schaffen!"
Xue Zhengyongs Wut entbrannte bei diesen Worten, und als er
als Nächstes seinen Metallfächer schwang, um einen mächtigen Sturm auf die bösen
Geister loszulassen, ließ er es zu, dass er ‒ wie zufällig ‒ einen Schnitt in
Li Wuxins Wange hinterließ. „Und warum sollen die Menschen des unteren
Kultivierungsreich für die Sicherheit Eures kostbaren oberen Kultivierungsreichs
sterben?"
„Legt mir keine Worte in den Mund! Ich sage nur, dass man
für das Wohl der Allgemeinheit Opfer bringen muss! Wenn sich dieser Himmlische Riss
auf meinem Bitan-Gut geöffnet hätte, hätte ich gerne meine gesamte Sekte
geopfert, um den Frieden im Land zu wahren!"
„Wie könnt Ihr so etwas sagen, Li-Zhuangzhu. Aber Gerede
ist billig." Xue Zhengyong, dessen Tigeraugen vor Wut glühten, war so
wütend, dass er nur lachen konnte. „Der Eingang zum Geisterreich liegt in
meiner Provinz. Er liegt nicht in eurem Bitan-Gut und wird es auch niemals
sein, egal wie viele Generationen vergehen! Soll sich also der gesamte
Sisheng-Gipfel tausendmal, ja millionenfach für den 'Frieden im Land' opfern?! Li-Zhuangzhu,
Ihr seid wirklich etwas Besonderes!"
Die beiden befanden sich in einer Pattsituation und zankten
sich, während sie sich gegen Dämonen und böse Geister wehrten, als ein
schneeweißer Lichtstreifen vom westlichen Horizont her auf sie zuhielt.
Noch bevor sie sich vergewissern konnten, ob es Freund oder
Feind war, brach eine wilde Melodie wie ein Sturm aus den Wolken hervor, so
klangvoll und widerhallend wie eine Sintflut vom Himmel, aber auch wie ein
Pfeilregen. Denn obwohl sie keine Waffen erspähten, hatten sie das Gefühl, als
wäre das Glitzern von Klingen überall um sie herum, als könnten sie das
Schnauben von Schlachtrössern hören und Feuerbaken an den Mauern einer fernen
Festung aufleuchten sehen.
„Der Kunlun-Taxue-Palast!"
Xue Zhengyong riss den Kopf hoch und blickte auf die
schneebedeckte Fläche. Aus dieser Entfernung konnte er erkennen, dass es sich
in der Tat um eine Schar von Kultivierern handelte, die auf Schwertern ritten
und in Roben aus gefrorener Nebelseide gekleidet waren, die von
Pfirsichblütenblättern umweht wurden. Sowohl die Männer als auch die Frauen
hatten schöne und sanfte Gesichter, ihre äußere Erscheinung war aufgrund ihrer
Kultivierungsmethode in den frühen Zwanzigern eingefroren.
Einige der Schüler des Taxue-Palastes standen auf ihren
Schwertern. Andere saßen, die Hälfte von ihnen trug Pipas in ihren Armen, die
andere Hälfte balancierte Guqins auf ihren Knien. Ihre Akkorde strömten vom
Himmel herab, stürmisch und hemmungslos und doch klar und fließend, und die
Geister und Untoten unter ihnen kreischten vor Qualen, selbst wenn sie an ihrem
Platz gehalten wurden, als wären sie in einem unsichtbaren Netz gefangen.
Der Mann, der die Formation anführte, hatte markante
Gesichtszüge mit blassgoldenem Haar und jadegrünen Augen. Er war in eine
seidene Robe gekleidet, die weiß wie frischer Schnee war, und trug einen
Anhänger, der wie ein Wassertropfen auf seiner Stirn ruhte. Zwischen den Kragen
dieser Robe war sein Hals schön und schlank, wie eine duftende, zarte Blüte in
einer Porzellanvase. Kunlun war ein verschneites, kühles Land, und der
Fuchspelz, der ihm über die Schultern und die seidenen Roben fiel, trug nur zur
seiner Aura von Ausgeglichenheit und Eleganz bei.
Er hielt eine exquisite Pipa in den Armen, und seine Stirn
war gerunzelt, als er mit schlanken Fingern die Saiten zupfte, während
leuchtende Pfirsichblüten bei jedem Ton um ihn herum tanzten. „Kaiserliche
Winde über vier Seen, Wasser der Tugend, die immer klar sind. Tragt nicht das
Gewand des Krieges, denn heute treten wir im Triumph hervor."
Die Akkorde wurden langsamer, und er blickte auf Xue
Zhengyong und seine Begleiter hinunter. Doch gerade als der Mann sprechen
wollte, ertönte ein wütender Schrei aus kurzer Entfernung.
„Mei Hanxue! Du verdammter Köter! Warum bist ausgerechnet
du es?"
Die Stimme gehörte Xue Meng, der sich unter Mei Hanxues
Schwert geschoben hatte, als dieser schrie, und der nun den Kopf zurückwarf, um
zu fluchen: „Von allen Menschen auf der Welt schickt der Kunlun-Taxue-Palast
ausgerechnet deinen unzuverlässigen Arsch?!"
Ye Wangxi wandte sich dem Tumult zu, ebenso irritiert vom
Anblick dieses Mannes mit seiner Pipa und seinen flatternden Blütenblättern und
Schneeflocken. „Sie haben ihn geschickt?"
„Was", fragte Nangong Si, „noch ein Bekannter von dir?"
„Ich würde ihn nicht als einen Bekannten bezeichnen."
Ye Wangxi war selbst wenig erfreut, Mei Hanxue zu begegnen, aber im Gegensatz
zu Xue Meng, der herbeigeeilt war, um ihn zu beschimpfen, machte Ye Wangxi auf
dem Absatz kehrt und ging sofort. „Ich habe nur einmal mit ihm gekämpft."
„Oh?" Nangong Sis Neugierde war geweckt. „Wie ist er?
Taugt er was?"
„Heh." Ye Wangxi grinste kalt. „Er hat die Frauen für
sich kämpfen lassen ‒ was glaubst du, taugt er was?“
Nangong Si starrte ihn an, sprachlos.
Erklärungen:
Mimosen-Blätter
Der Tosu-Wein ist eine Art
Wein, der mit pflanzlichen Arzneimitteln gebraut und traditionell bei
Neujahrsfeiern getrunken wird. Ursprünglich war es ein Brauch, um Plagen
abzuwehren, heute steht er für gute Wünsche für das neue Jahr.
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*es mir auf meinem kleinen Grabhügel gemütlich mach*
AntwortenLöschenHier bin ich nun und so schnell wirst du mich ab jetzt nicht wieder los *muahaha* Ich habe es geschafft, ich bin jetzt auf den neusten Stand *-* Es ist bisher ja einiges passiert und man lernte am Anfang nach und nach die Charaktere kennen. Ich muss sagen, ich konnte mit Mo Ran am Anfang nichts anfangen. Bzw. ich wusste nicht, wohin sein Charakter gehen würde. Er war in seinem früheren Leben ein kaltblütiger Psychopath und wurde Wiedergeboren. Man wusste am Anfang gar nicht, was da los ist und jetzt, wo man mehr gelesen hat und an den Anfang denkt. Ich liiiiiiebe es! Ich hab so eine Schwäche für diese Art von Drama *-* Ich falle, was das angeht, etwas aus dem Rahmen anderer Leser vielleicht *hust* Aber ich schreibe ja selber nichts anderes, als solch Drama XD Daher kann ich den Autor verstehen. Es macht einfach sehr viel Spaß sowas zu schreiben. XD
Chu Wanning ist auch so ein Charakter, wo ich nicht wusste, wie ich ihn einordnen oder einschätzen konnte, am Anfang. Vor allem da Mo Ran ihn abgrundtief hasst. Aber bei diesem Hass scheint was nicht zu stimmen. Er braucht ihn, kann ohne ihn nicht sein und es ist so viel schief gelaufen zwischen ihnen. Und jetzt, in seinem zweiten Leben ist der Hass weiterhin noch da, aber etwas hat sich verändert.
Und dann ist da noch Shi Mei. Ihn mochte ich sofort. Es ist so ein warmer Charakter, den man einfach nur in Watte packen will. Und man weiß ja, das er in Mo Rans früheren Leben stirbt und Chu Wanning nichts unternimmt. Und jetzt sind wir ja gerade an dem Punkt angelangt, wo dieser Moment bzw. das Geschehen passiert, wo er sein Leben verliert. Für Mo Ran muss dieser Augenblick, der ja auch zu früh stattfindet, der reinste Alptraum sein. Er versucht das Geschehene von damals zu verändern.
Und in den letzten Kapiteln hat man gesehen, wie mächtig Chu Wanning ist und ich hab das so gefeiert *-* auch wenn er sehr schnell krank werden kann. Es gab ja einen Abschnitt von den Kapiteln, wo er ein Kind ist. Einerseits war es was anderes und Chu Wanning konnte seine Gefühle zeigen (btw. er ist so ein einsamer Charakter, ich will ihn drücken Q_____Q), aber ich mag es lieber, ihn als Erwachsenen zu lesen.
Xue Meng darf man bei all den interessanten Charakteren natürlich nicht vergessen. Er erinnert mich etwas an Jiang Chen von Untamed, vor allem wenn er mit Mo ran zusammen ist. Das ist manchmal, als wären Wei Wuxian und Jiang Chen zusammen unterwegs XD
Was die Geschichte an sich angeht, so kommt es mir so vor, als wären wir noch am Anfang von einer sehr großen Scheiße, ich meine dem Höhepunkt entfernt, aber es würde sich langsam zuspitzen und uns erwartet noch seeehr viel Leid, Schmerz und Drama. Und ich warte begierig darauf all dies zu lesen. Ich bin schon so gespannt!
Ist ja nicht so, als hätte man wenige Fragen O.o
Und jetzt haben sie gerade ein sehr großes Problem und wer auch immer dahinter Steckt mit dem Schachbrett... immer schön weiter machen mit dem Drama, solange es ein Happy End gibt o.O Und da sah ich gestern was bei Twitter und ich komme von dem "Happy End" Bild nicht mehr los. Das ist einfach zu toll *-* Und awwwww *-*
https://x.com/dear_xiaogui/status/1813785811999195306
Ok, das wars... nicht gerade ein sehr informatives Review, was über die Handlung hier angeht, aber jetzt werde ich dann deutlicher auf die Geschehnisse eingehen, wenn ich regelmäßig hier bin. Heißt, alle zwei Wochen, oder jede Woche... aber eins ist gewiss, ich habe es mir hier jetzt gemütlich gemacht. Also komm damit klar, das hier jetzt was los sein wird XD *Cocktails bei der Hitze noch zur Verfügung stell*
Also bis schon bald oder zwei Wochen *wub* *wahrscheinlich nächste Woche, ich brauche Lesestoff O.o*
So, jetzt habe ich endlich Zeit.
AntwortenLöschenHallo schön, dass du dir es gemütlich gemacht hast. Ich hoffe, die Unordnung stört dich nicht, genauso wie mein Namensvetter, habe ich es nicht so mit der Ordnung.
Wow, auf dem neuesten Stand. Wie lange hast du gebraucht 3 Wochen?
Ich habe den Vorteil des Übersetzens und viermal Durchlesens bevor es fertig ist. Dadurch weiß ich die Namen der Hauptcharaktere recht schnell auswendig und größere Nebencharaktere entfallen mir dann auch nicht mehr so schnell, wenn sie etwas länger keinen Auftritt mehr haben. Bei Shizuns Übersetzungen hadere ich hier und da auch mit den Namen.
Ohh, Mo Ran und der Weg, wie er zu Taxian-Jun wurde, ist lang und wird nur häppchenweise offenbart, doch am Ende ist es eine nachvollziehbare Entwicklung, bei der ich nur weinen könnte.
Du schreibst selbe? Was denn? Fanfkitions?
Chu Wanning beginnt man erst in Kapitel 24 so richtig zu verstehen, da man dort erfährt, was er für ihn empfindet und warum er zu Mo Ran so komisch und übermäßig streng ist. Mo Rans Abhängigkeit von Chu Wanning ist ein SEHR interessantes Thema für sich, das ich absolut liebe. Erst recht wenn Stück für Stück erfährt was für Zeiten und Momente sie gemeinsam erlebt haben.
Shi Mei ist ein Kapitel für sich erst recht, wenn es um Mo Ran geht, aber allzu viel will ich jetzt nicht sagen. Nur dass er mit einigen zukünftigen Entwicklungen so gar nicht zufrieden sein wird.
Chu Wanning ist sehr stark, aber ich frage mich, ist Taxian-Jun - oder ein erwachsener Mo Ran - wirklich stärker als er oder konnte Chu Wanning damals nicht mit dem ganzen Herzen gegen seinen einst geliebten Schüler kämpfen?
Als Xia Sini hat Chu Wanning einen so hohen Niedlichkeitsfaktor, für den er sich als Erwachsener aber schämt und diese Scham macht alles noch süßer. Aber Chu Wanning traut sich im Schutze der Unkenntnis, Dinge zu Mo Ran zu sagen, die er als Erwachsener sich nicht trauen würde. Dinge, die ein Mo Ran aber sehr dringend bräuchte.
Es gewisse Ähnlichkeit haben Xue Meng und Mo Ran mit Jiang Chen und Wei Wuxian, aber es gibt da leider einen sehr großen Unterschied. Xue Meng kann Mo Ran aus einem nichtigen Grund nicht leiden (siehe Kapitel 97) und leider ist zwischen ihren Streitereien nichts Liebevolles. Mo Ran triezt Xue Meng hier und da und nimmt ihn hopps, aber er greift ihn nie wirklich persönlich an oder beleidigt ihn. Während Xue Meng sich nicht zu schade dafür ist, Mo Ran zu beleidigen, dadurch entsteht ein Ungleichgewicht zwischen den beiden, dass ich nicht gerade schön finde. Auch finde ich, das Xue Meng manchmal zu egoistisch ist und den Blick auf seine Mitmenschen verliert, leider bemerkt er zum Beispiel nicht bei den Pfirsichblütenquellen, wie schwach und abgemagert Shi Mei sein Freund ist. Und als Fünfzehn- oder Sechzehnjähriger sollte man so was in meinen Augen schon hinkriegen.
Die Geschichte geht sehr lang - 311 Storykapitel und 39 Extrakapitel - und hat viele Höhepunkte, aber das große Finale ist natürlich eine Nummer für sich. Einen riesigen Plottwist konnte ich schon in den Anfängen der Hunderte Kapitel erahnen. Hier wird es da einen Mini-Tipp von mir geben. Wer weiß, vielleicht errät das auch jemand anderes. Mehr dazu in der Zukunft.
Tja, dann sehen wir uns bestimmt in Kapitel 97 wieder. Ich glaube, zu diesem Kapitel wird es mehr Reviews als gewöhnlich geben, wenn nicht, würde mich das sehr wundern. Ich freue mich schon. <3
Die Unordnung stört mich keineswegs^^ Keine Ahnung, ich bin ziemlich schnell im Lesen und lesen lenkt einem gut von Sorgen ab. Und die Story ließ mich mit dazu nicht los.
AntwortenLöschenDie Nebencharaktere, da habe ich noch so meine kleine Schwierigkeiten mit dem merken. Aber zum Glück bin ich damit ja nicht alleine XD
Da bin ich echt gespannt. Sein Charakter wird immer interessanter und genau wie er zu Taxian-Jun wurde, interessiert mich.
Ja Fanfiction. Bin meist in sehr verstaubten Fandoms unterwegs und wo es vor Schwarzleser nur so wuselt.
Am liebsten würde ich alles lesen, um mehr über sie zu erfahren. Aber ich übe mich in Geduld *röchel*
Jetzt bin ich aber mit Shi Mei gespannt o.o
Ich kann es noch nicht so gut beurteilen, aber ich denke das Chu Wanning nicht mit ganzen Herzen gegen seinen Schüler gekämpft hat.
Nun ist das mit Xia Sini nun auch raus. Aber dazu später, wenn ich zu dem aktuellen Kapitel was schreibe.
Die Erkenntnis kam bei mir jetzt langsam auch an. Aber auch dazu im neuen Kapitel mehr.
Leider sehen nicht mal richtige Erwachsene sowas. Einfach weil sie es nicht sehen wollen, ob es dem Gegenüber nun gut geht oder nicht, obwohl es zum Teil so offensichtlich ist.
Ich bin sooo gespannt. Noch ehe ich auf eure Seite kam, sah ich Cosplay Videos und wurde neugierig auf die Geschichte gemacht. Heißt, wir haben noch einiges zu lesen und viele Nerven, die strapaziert werden.
Ich wusel jetzt gleich zu Kapitel 97. Ich würde es mir für dich wünschen, aber wir wissen ja wie die Schwarzleser so sind. >_> Aber Review von mir wird jetzt folgen^^