Kapitel 8 ~ Dieser Ehrwürdige wird bestraft

Mo Ran verbrachte drei ganze Tage damit, wie ein toter Fisch auf seinem Bett zu liegen. Seine Wunden hatten sich gerade geschlossen, als er eine Vorladung erhielt, die ihn aufforderte, zum Teufel in den Rote-Lotus-Pavillon zu gehen, um dort zu arbeiten.

Auch das war Teil der Bestrafung. Mo Ran konnte während seines Hausarrests nicht den Berg hinuntergehen, aber es war ihm auch nicht erlaubt, einfach herumzusitzen. Und so kam es, dass er verschiedene Gelegenheitsjobs ausübte: Unteranderem half er der Kantinen-Dame in der Mengpo-Halle beim Geschirrspülen, schrubbte die dreihundertfünfundsechzig steinernen Löwen auf den Pfeilern der Naihe-Brücke ordentlich ab, darüber hinaus fertigte er Kopien von langweilen und stumpfsinnigen Schriften an.

Aber was für ein Ort war eigentlich der Rote-Lotus-Pavillon? Es war die Residenz dieses Bastards Chu Wanning, die verfluchte Höhle, die alle die Rote-Lotus-Hölle nannten. Nur eine Handvoll Leute vom Sisheng-Gipfel hatten sie jemals betreten. Von denen, die es einmal getan hatten, war jeder einzelne entweder mit gebrochenen Armen oder Beinen zurückgekommen. So hatte Chu Wannings Residenz neben Rote-Lotus-Hölle noch einen weiteren, noch anspruchsloseren Beinamen: der Pavillon der gebrochenen Beine.

Die Sektenschüler hatten einen Insider-Witz: ‘Der Pavillon verbirgt eine Schönheit; die Schönheit hält Tianwen. Trete durch das Tor der gebrochenen Beine ein und erfahre, wie qualvoll es ist, wenn deine Beine brechen. Wenn du möchtest, dass deine Meridiane gesprengt werden, suche weiter nach dem Yuheng Ältester’.

Einmal hatte eine furchtlose Schülerin, die unverschämt lüstern war, es tatsächlich gewagt, nach der Schönheit des Yuheng Ältesten zu dürsten. Sie hatte sich in einer mondlosen Nacht auf den Südgipfel geschlichen, um auf das Dach zu klettern, in der Hoffnung, einen Blick auf den Ältesten werfen zu können, wenn er beim Baden war.

Das Ergebnis war eine ausgemachte Sache. Diese Kriegerin war von Tianwen bis an die Grenze zwischen Leben und Tod eskortiert worden und war nicht weniger als einhundert elende Tage ans Bett gefesselt worden. Darüber hinaus hatte Chu Wanning erklärt, dass weitere Übertretungen direkt mit Augen ausstechen, bestraft werden würden.

Siehst du? Welch unverblümte Grobheit! Was für ein unsensibles Verhalten! Was für ein abscheulicher Mann!

Innerhalb der Sekte gab es eine Reihe naiver und dummer junger Mädchen, die ‒ weil sie dachten, dass der Yuheng Ältester sie als Mädchen schonen und ihnen Barmherzigkeit zeigen würden ‒ ihn kichern und necken würden, in der kühnen Hoffnung, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Als der Älteste jedoch diese Straftäterinnen abgeschlachtet hatte, wagte es niemand mehr, ihn anzumachen.

Der Yuheng Ältester machte keinen Unterschied, wenn es um Peitschenhiebe ging, da er nicht die Spur eines richtigen Gentlemans hatte. Abgesehen von seinem hübschen Gesicht sprach nichts für ihn — zumindest war das die Meinung der Schüler der Sekte.

Der kleine Bote Shidi sah Mo Ran mit Mitgefühl in den Augen an. Er versuchte, sich zurückzuhalten, aber am Ende gelang es ihm nicht.

„Mo-Shixiong ..."

„Hm?"

„Die Laune des Yuheng Ältesten ist so schlecht, dass niemand, der den Rote-Lotus- Pavillon betritt, wieder herauskommt. Also warum versuchst du nicht einfach, darum herumzukommen, indem du ihm sagst, dass deine Wunden noch nicht verheilt sind, und bitte den Yuheng Ältesten stattdessen dich Geschirr spülen zu lassen?”

Mo Ran war außerordentlich dankbar für dieses buddhaähnliche Mitgefühl dieses Shidi, lehnte die Idee aber dennoch ab. Chu Wanning bitten? Er wollte nicht noch eine Runde mit Tianwen gehen.

So kleidete er sich mit immenser Anstrengung an und schleppte seine schweren Füße zum südlichen Gipfel des Sisheng-Gipfels, wobei der Widerwille jeden seiner Schritte belastete.

Der Rote-Lotus-Pavillon, die Rote-Lotus-Hölle. Im Umkreis von hundert Meilen um Chu Wannings Residenz war keine einzige Menschenseele zu sehen. Niemand wollte sich in die Nähe seines Wohnsitzes verirren. Chu Wannings schreckliche Neigungen und sein unberechenbares Temperament ließen alle in der Sekte weit wegbleiben und ihn immer nur aus respektvoller Distanz beobachten.

Mo Ran blieb etwas nervös. Er wusste nicht, was Chu Wanning von ihm als Strafe verlangen würde. Seine Gedanken rasten während des gesamten Weges zur Spitze des südlichen Gipfels. Nachdem er ein dichtes Feld aus Bambushainen durchquert hatte, kam eine große Fläche mit leuchtend purpurroten Lotusblumen in Sicht.

Es war noch ziemlich früh am Morgen. Die Sonne war gerade erst im Osten aufgegangen und leuchtete mit einem blendenden Glanz am Horizont. Aus den himmlischen Lotosblättern im Teich wuchsen Stängel, die die karminroten Blüten mit dem feuerroten Himmel verbanden; Blüte und Himmel absorbierten und reflektierten sich gegenseitig und verstärkten so ihre Ausstrahlung, bis sie wirklich beeindruckend anzusehen waren. Auf dem Teich führte eine gewundene Zick-Zack-Brücke zu einem Pavillon, der in stiller Eleganz dastand. Dahinter lag eine bergige Kulisse, die von Wasserfällen durchzogen war. Wasserperlen plätscherten wie Kristallsplitter auf die Felsen unter ihnen und zersprangen zu einem wässrigen Nebel, der wie ein Bach aufstieg. Licht schimmerte durch den Dunst und warf eine ätherische Atmosphäre inmitten der Stille.

Mo Rans Gefühl bei all dem war: Ugh.

Egal wie schön es war, überall, wo Chu Wanning lebte, konnte es ihm nur ugh sein!

Schau dir diese übermäßige Verschwendung an sieh wie überaus verschwenderisch das alles ist! Das Schlafquartier, in dem die Schüler schliefen, war eng, jedes Zimmer hatte wenig Platz. Doch schau dir den Yuheng Ältesten an! Er war nur eine Person, aber er hatte einen ganzen Berggipfel übernommen und sogar drei riesige Teiche gegraben, um eine Fülle von Lotusblumen zu pflanzen. Gut, okay, diese Lotusblumen sollen also von einzigartiger Sorte sein und zu Arzneimitteln von seltener Qualität verarbeitet werden, aber‒

Auf jeden Fall war es ein Dorn im Auge. Es war wirklich schade, dass Mo Ran diesen Pavillon nicht einfach anzünden und niederbrennen konnte.

Trotzdem war das Meckern nichts anderes als Meckern. Da er erst sechzehn und machtlos war, um mit seinem Shizun zu konkurrieren, näherte sich Mo Ran Chu Wannings Residenz, um am Vordereingang zu stehen. Er verzog die Augen zu einem Lächeln und rief mit einer ekelhaft süßen Stimme, wobei er vorgab, ein niederer Pöbel zu sein. „Dieser Schüler Mo Ran begrüßt Shizun."

„Mn. Komm rein."

Das Innere des Zimmers war ein riesiges Durcheinander. Dieser kaltblütige Dämon, Chu Wanning, war ganz in weiß gekleidet, die Aufschläge seiner Roben waren eng und hoch zurückgeschlagen worden, dass ihm eine keusche, asketische Ausstrahlung verlieh. Heute hatte er sein Haar zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, er saß auf dem Boden, umgeben von vielen mechanischen Teilen, während seine Hände in einem Paar schwarzer Metallpanzerhandschuhe steckten, hatte er zwischen seinen Zähnen einen Pinsel eingeklemmt.

Er warf Mo Ran einen ausdruckslosen Blick zu und sagte um den Pinsel in seinem Mund herum: „Komm her.“

Mo Ran ging hinüber. Es war tatsächlich ein wenig schwierig, weil im Haus kein Platz mehr für eine Person zum Gehen war; Blaupausen, Holzstücke und Metallteile waren überall verstreut.

Mo Rans Augenbrauen zuckten. In seinem früheren Leben hatte er Chu Wannings Zimmer nie betreten. Wer hätte gedacht, dass ein souveräner, gut aussehender Mann wie er in so einem Durcheinander leben würde? Es war ein ehrlich unbeschreibliches Gefühl.

„Shizun, was machst du?"

„Den Wächter der Heiligen Nacht."

„Hä?"

Chu Wanning war ein wenig mürrisch, wahrscheinlich, weil er einen Pinsel im Mund hatte, der das Sprechen umständlich machte. „Den Wächter der Heiligen Nacht."

Mo Ran warf einen schweigenden Blick auf die auf dem Boden verstreuten Teile.

Dieser Shizun von ihm trug auch den Titel Chu-Zongshi, was nicht nur eine leere Bezeichnung war. Mo Ran musste ehrlicherweise zugeben, dass Chu Wanning ein bemerkenswerter Mann war. Denn durch den Verdienst seiner technischen Fähigkeiten hatte er sich das Recht verdient, als ‘Bester der Besten’ bezeichnet zu werden. Das war auch der Grund, warum er trotz seiner schlechten Laune und wie schwer es war, ihn zufriedenzustellen, jede große Sekte um ihn gekämpft hatte.

Was den Wächter der Heiligen Nacht betrifft, war dies etwas, mit dem der wiedergeborene Mo Ran mehr als vertraut war. Es war ein Roboter eine von Chu Wannings Erfindungen, billig im Preis, aber enorm stark und effektiv im Kampf. Er war dazu in der Lage das einfache Volk im unteren Kultivierungsreich vor dämonischen Übergriffen in der Nacht schützen.

In Mo Rans früherem Leben war der Vollendete der Wächter der Heiligen Nacht etwas, das fast jeder Haushalt besaß. Jede Rüstung kostete ungefähr so viel wie ein Besen und war effektiver als Bilder von Türwächtern mit ihren offenen, gebleckten Mündern. Sogar nach Chu Wannings Tod hatten diese Wächter der Heiligen Nacht weitergemacht, bessergestellte Familien zu beschützen, die sich den Dienst eines Kultivierers nicht leisten konnten.

Solch aufrichtiges Mitgefühl im Vergleich zu der Gleichgültigkeit, mit der er seinen Schüler behandelte ... Heh, es erfüllte Mo Ran mit Verachtung.

Mo Ran setzte sich hin und betrachtete den Wächter der Heiligen Nacht, der derzeit nicht mehr als ein paar herumliegende Teile war, während ihm Ereignisse der Vergangenheit durch den Kopf gingen. Unfähig zu widerstehen, streckte er die Hand aus, um eines der Fingergelenke des Wächters zu berühren, um es zu untersuchen.

Chu Wanning rastete die Einsteckschlösser und Zapfen der Teile in seinen Händen zusammen und befreite sich schließlich, um den Pinsel wegzunehmen, der zwischen seinen Lippen gewesen war. Er funkelte Mo Ran an. „Das wurde nur geölt. Fass nichts an."

„Oh…“ Mo Ran legte das Fingergelenk weg und schulte seine Gedanken. Er spielte immer noch die Rolle von jemanden, der süß und harmlos war, und fragte mit einem Lächeln: „Hat Shizun mich hierher gerufen, um zu helfen?“

„Mn“, sagte Chu Wanning.

„Was soll ich tun?"

„Reinige das Haus."

Mo Rans Lächeln gefror. Er sah sich im Raum um, der aussah, als hätte er gerade ein Erdbeben überstanden.

Obwohl Chu Wanning ein Genie war, wenn es um Kultivierungstechniken ging, war er wirklich ein Idiot, wenn es um das tägliche Leben ging.

Nachdem er die fünfte Teetasse, die zerbrochen, aber nicht weggeschmissen worden war, aufgeräumt hatte, hielt Mo Ran es schließlich nicht mehr aus. „Shizun, wie lange ist es her, dass du zuletzt geputzt hast? Meine Güte, es ist so chaotisch!"

Chu Wanning betrachtete gerade einen Bauplan und schaute nicht einmal auf, als er die Frage hörte. „Ungefähr ein Jahr."

Mo Ran sträubte sich. „Und wo schläfst du normalerweise?"

„Was?" Dieser Bauplan verursachte wahrscheinlich einige Probleme, was Chu Wanning reizbarer als gewöhnlich machte, wenn er unterbrochen wurde. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und antwortete gereizt: „Auf dem Bett natürlich.“

Mo Ran warf einen Blick auf das Bett, das mit verschiedenen Geräten und Spielereien überfüllt war, die fast fertig waren. Es war auch mit Sägen, Äxten, Sicheln und anderen ähnlichen Werkzeugen beladen, von denen jedes äußerst scharf war und in einem stählernen Licht glänzte.

Unglaublich. Wie hat diese Person geschlafen, ohne sich den Kopf abzuschlagen?

Nach über einem halben Tag Arbeit hatte Mo Ran genug Sägemehl und Schmutz vom Boden aufgefegt, um die drei Kehrschaufeln zu füllen. Nach dem Abwischen der Regale waren mehr als zehn weiße Lappen nun schwarz. Gegen Mittag hatte er erst die Hälfte geschafft.

Verdammter Chu Wanning. Er war wirklich abscheulicher als eine böse, wütende Frau.

Ein Zimmer zu putzen war auf den ersten Blick keine besonders schwere Strafe. Laut ausgesprochen wirkte es auch nicht besonders mühsam. Wer hätte jedoch ahnen können, dass dies bedeutete, einen höllischen Ort zu fegen, der seit dreihundertfünfundsechzig Tagen nicht gereinigt worden war? Egal, ob Mo Ran mit Peitschenhieben übersät war, selbst wenn er bei bester Gesundheit wäre, könnte eine ermüdende Tortur wie diese ihn immer noch halb tot machen!

Shizun ..."

„Hm?"

„Dieser Klamottenhaufen…“ Liegt wohl schon seit drei Monate dort herum.

Chu Wanning hat endlich einen Arm des Wächters der Heiligen Nacht verbunden. Er rieb sich die schmerzenden Schultern und blickte auf, um einen Blick auf den Wäschekorb zu werfen, der derzeit hoch wie ein Berg mit Roben gestapelt war. „Ich werde sie selbst waschen“, sagte er kalt.

Mo Ran stieß einen erleichterten Seufzer aus. Dem Himmel sei Dank. Danach fragte er ein wenig neugierig. „Äh? Shizun weiß, wie man Wäsche wäscht?"

Chu Wanning sah ihn an. Nach einem Moment antwortete er steif: „Wie schwer kann das sein? Alles ins Wasser werfen, ein wenig einweichen lassen und dann herausfischen, damit sie trocknen kann. Fertig.“

Wirklich. Was würden die Damen, die Chu-Zongshi heimlich bewunderten und in ihn verknallt waren, denken, wenn sie davon wüssten? Mo Ran glaubte von ganzem Herzen, dass dieser abstoßende und ekelhafte Mann nur zum Anschauen gut war und sonst nichts. Wenn das herauskäme, wie viele zarte Herzen würden gebrochen werden?

„Es wird spät. Folge mir in die Mengpo-Halle und erledige den Rest, wenn wir zurückkommen.“

In der Mengpo-Halle herrschte reges Treiben, als sich die Schüler des Sisheng- Gipfels zum Essen in kleinen Gruppen versammelten. Chu Wanning stellte ein paar Schüsseln auf sein Holztablett und setzte sich still in eine Ecke.

Allmählich leerten sich die Sitze im Umkreis von sieben Metern um ihn herum. Niemand wagte es, sich in die Nähe des Yuheng Ältesten zu setzen, auf die unwahrscheinliche Gefahr hin, dass ihn etwas verärgern könnte und Tianwen zum Auspeitschen herauskommen würde. Chu Wanning war sich dessen bewusst, es störte ihn aber nicht im Geringsten. Er saß da allein wie eine kalte Schönheit und nahm auf raffinierte Weise seine Mahlzeit ein.

Aber heute war es etwas anders. Mo Ran war mitgekommen und musste natürlich auch bei ihm sitzen.

Alle hatten Angst vor Chu Wanning, und Mo Ran war keine Ausnahme. Aber nachdem er bereits einmal gestorben war, hatte er keine allzu große Angst mehr vor Chu Wanning ‒ vor allem, da die Angst nach ihrem ersten Treffen verflogen war und die Abneigung, die er in seinem letzten Leben gegenüber seinem Shizun empfunden hatte, langsam wieder auftauchte. Was wäre also, wenn Chu Wanning grausam wäre? Er war auch schon einmal gestorben, und zwar durch Mo Rans eigene Hände.

Mo Ran setzte sich ihm gegenüber und kaute gemächlich an seinen süßsauren Rippchen. Er aß und knirschte, und bald materialisierte sich ein kleiner Hügel aus Knochen neben seiner Schüssel.

Chu Wanning knallte seine Essstäbchen auf den Tisch.

Mo Ran blinzelte.

„Kannst du beim Essen nicht schmatzen?"

„Ich kaue auf Rippchen. Wie kaue ich, ohne mit den Lippen zu schmatzen?"

„Dann iss keine Rippchen."

„Aber ich mag Rippchen."

„Dann hau ab und iss sie woanders."

Während sie argumentierten, wurden ihre Stimmen lauter und lauter. Einige Schüler fingen an, ihnen verstohlene Blicke zuzuwerfen.

Mo Ran unterdrückte den Drang, Chu Wanning die Schüssel mit dem Essen auf den Kopf zu werfen. Seine Lippen, die vor Öl glänzten, spitzten sich zu einer Linie. Nach einer Weile kniff er die Augen zusammen und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem süßen Lächeln. „Nicht so laut, Shizun. Wenn andere uns hören, werden sie sich dann nicht über uns lustig machen?“

Chu Wanning hatte schon immer ein dünnes Gesicht besessen, und tatsächlich senkte er seine Stimme, um „Verschwinde“ zu murmeln.

Mo Ran lachte so sehr, dass er fast hinfiel.

Stille.

„Ah, schau mich nicht an, Shizun. Bitte iss, iss. Ich werde versuchen, leise zu kauen." Nachdem er seinen Spaß gehabt hatte, kehrte Mo Ran zu seinem guten und gehorsamen Verhalten zurück, und tatsächlich aß er seine Rippchen viel weniger laut.

Chu Wanning war für Schmeicheleien, aber keinen Zwang zugänglich; als Mo Ran tat, was ihm gesagt wurde, entspannte sich das Gesicht seines Shizun etwas und er sah nicht mehr so verbittert und nachtragend aus. Er senkte seinen Kopf und aß elegant weiter seine Mahlzeit aus Gemüse und Tofu.

Dieser Frieden hielt nicht lange an, bevor Mo Ran wieder anfing, sich aufzuspielen. Er wusste auch nicht, warum er tat, was er tat; was er wusste, war, dass er ihn auf die eine oder andere Weise verärgern wollte.

So bemerkte Chu Wanning, dass Mo Ran zwar nicht mehr laut kaute, aber mit den Händen aß. Seine Finger waren mit Fett bedeckt, während sie von der Soße glänzten und tropften. Die Venen an Chu Wannings Schläfen traten wütend hervor, als er versuchte, damit fertig zu werden.

Er senkte den Blick, sah Mo Ran nicht an und konzentrierte sich darauf, sein Essen zu essen.

Vielleicht lag es daran, dass Mo Ran das Essen so sehr genoss, dass er hingerissen war, aber nachdem er einen bestimmten Knochen fertig gekaut hatte, warf er ihn achtlos in Chu Wannings Schüssel. Chu Wanning starrte auf die unsauber angenagte Rippe, die Luft um ihn herum gefror sichtbar mit beängstigender Geschwindigkeit.

„Mo Ran ..."

„Shizun…“ Mo Ran war leicht erschrocken, aber selbst er konnte nicht sagen, wie viel von seiner Tat gewollt und wie viel davon unbeabsichtigt getan worden war. „Das ... Äh, das wollte ich nicht."

Ja, genau.

Stille.

„Sei nicht böse ‒ ich hole ihn gleich raus.“ Als er das sagte, streckte Mo Ran tatsächlich seine Essstäbchen aus und schlug sie schnell in Chu Wannings Schüssel, um den beleidigenden Rippenknochen herauszuholen.

Chu Wannings Gesicht wurde blau, und er sah aus, als würde er vor Ekel in Ohnmacht fallen.

Mo Rans Wimpern zuckten, seine zarten Gesichtszüge sahen etwas erbärmlich aus, als hätte man ihm unrecht getan. „Findet mich Shizun so abstoßend?"

Stille.

„Shizun, es tut mir wirklich leid."

Vergiss es, dachte Chu Wanning bei sich. Es war nicht nötig, mit denen zu streiten, die jünger waren als er. Er gab den Drang auf, Tianwen herbeizurufen und Mo Ran eine Tracht Prügel zu verpassen, aber der Appetit war ihm vergangen. Er stand auf. „Ich bin voll."

„Äh? Das ist alles, was du essen wirst? Shizun, du hast dein Essen kaum angerührt."

„Ich habe keinen Hunger", sagte Chu Wanning mürrisch.

Mo Ran war innerlich entzückt, aber sein Mund sprach weiterhin süße Worte. "Dann esse ich auch nichts mehr. Lass uns zurück zur Roten-Lotus-Hö – ähm, zum Roten- Lotus-Pavillon gehen."

Chu Wannings Augen verengten sich. „Uns?" Sein Blick war verächtlich. „Es gibt kein ‘uns‘. Älteste und Schüler haben eine Hierarchie und Differenzierung. Achte auf deine Sprache.

Mo Ran reagierte äußerlich angenehm, seine Augen verzogen sich zu einem Lächeln, klug, gehorsam und liebenswert. Aber im Inneren, dachte er, Älteste und Schüler? Auf meine Sprache achten?

Heh, wenn Chu Wanning nur wüsste, was alles ihm in ihrem früheren Leben zugestoßen worden war, dann würde er erkennen, dass am Ende dieser Welt nur er, Mo Weiyu, der Überlegene zwischen ihnen war. Egal wie beispiellos, edel und arrogant Chu Wanning war, letztendlich war er zu bloßem Dreck auf der Sohle von Mo Rans Stiefeln geworden und lebte ohne Zweck nur durch Mo Rans Gnade weiter.

Mo Ran ging schneller, um mit seinem Shizun Schritt zu halten, immer noch strahlend lächelnd.

Wenn Shi Mei das reine weiße Mondlicht seines Herzens war, dann war Chu Wanning das Stück Fischgräte, das ihm in die Kehle geschlagen wurde. Er zog sie heraus und zerdrückte sie oder schluckte sie und ließ sie von seiner Magensäure auflösen. In diesem wiedergeborenen Leben konnte er jedem vergeben.

Aber Chu Wanning konnte er absolut niemals verzeihen.

 

 

Es schien jedoch, dass Chu Wanning auch nicht die Absicht hatte, ihn einfach davonkommen zu lassen. Mo Ran stand vor der Bibliothek der Roten-Lotus-Hölle, starrte auf die fünfzig Bücherregale, jedes davon war zehn Fächer hoch, und dachte, dass er sich sicher verhört hatte.

„Shizun, was ... hast du gesagt?"

Chu Wanning antwortete gleichgültig: „Wische alle Bücher hier ab.“

Mo Ran hatte keine Worte.

„Wenn du fertig bist, katalogisiere sie.“

Immer noch keine Worte.

„Ich werde morgen früh nachsehen."

Mo Ran starrte ihn an.

Was zur Hölle! Würde er über Nacht in der Roten-Lotus-Hölle festsitzen?! Aber er hatte sich Pläne gemacht, Shi Mei zu treffen, damit er seine Verbände wechselte!

Mo Ran öffnete den Mund, um zu verhandeln, aber Chu Wanning schenkte ihm keine Beachtung und drehte sich mit einer schwungvollen Ärmelbewegung um, um zur Maschinenwerkstatt zu gehen. Mit eleganter Gleichgültigkeit schloss er sogar die Tür hinter sich.

Die Verabredung wurde kurzerhand abgebrochen, und Mo Ran versank tief in seinen Gefühlen der Verachtung für Chu Wanning. Er wollte alle Bücher von Chu Wanning verbrennen.

Warte mal! Die Zahnräder in seinem Kopf drehten sich, als er auf eine noch unheilvollere Idee kam ...






3 Kommentare:

  1. Von den beiden Kapiteln, habe ich jetzt Hunger bekommen. Bei dem letzteren konnte ich schön lachen 😂 Danke für das Update 🥰

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  2. Ich liebe diese Stelle auch. Ich weiß noch das ich mich ganz am Anfang, vom Übersetzen, verlesen habe und dachte Mo Ran hätte die Schale wirklich über Chu Wanning ausgekippt. Da war ich am Ende leicht enttäuscht, dass er es doch nicht getan hatte. XD

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  3. ich will ja nichts sagen aber das was er da mit im macht ist zum lachen. hoffendlich treibt er seine späße nicht zuweit sonst wird es im wieder weh tun.obwoll ich lachen muste . weiter so

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